Expeditionen ins Reich der Numismatik: Teil 1: Der fehlende Goldgulden oder Basel als päpstliche Münzstätte

von Michael Matzke

Ein Prägestempel mit dem Wappen des auf dem Basler Konzil gewählten (Gegen-)Papstes Felix V. (1440-1449) aus dem Haus Savoyen gehört zum Bestand der Münz- und Medaillenstempel der ehemaligen Basler Münzstätte, die vor 1905 aus konservatorischen Gründen dem Museum vom Staatsarchiv übergeben wurden. Der Stempel ist ein wichtiges Zeugnis für das Ringen dieses Basler Konzilspapstes um Legitimität.

Prägefläche des Oberstempels vom Goldgulden des (Gegen-)Papstes Felix V., Historisches Museum Basel (HMB) Inv. 1905.3596.

Das leider leicht korrodierte Stück trägt die Legende FELIX*P[a]P[a]* – *QVINTVS und zeigt in einem unterbrochenen Perlkreis den savoyischen Kreuzschild unter gekreuzten Schlüsseln und einer Tiara (HMB Inv. 1905.3596.). Kein spezieller, passender Unterstempel ist für dieses Stück bekannt.
Bereits Ernst Alfred Stückelberg erkannte bei der Erstveröffentlichung dieses Stücks im Jahr 1908 in der Rivista Italiana di Numismatica, dass es zur Prägung von Goldgulden in der Münzstätte Basel diente. Der Stempel wurde offensichtlich tatsächlich zur Prägung gebraucht, wie Schlagspuren und die Aufwölbung an der Oberseite des Stempels nahelegen. Trotzdem ist kein einziges Exemplar bekannt, das von diesem Stempel geprägt wurde, – und höchstwahrscheinlich wird auch nie eines gefunden werden.

Oberseite und Seitenansicht des Stempels vom Goldgulden des (Gegen-) Papstes Felix V., HMB Inv. 1905.3596.

Felix V. wurde am 5. November 1439 von dem seit 1431 in Basel tagenden großen Kirchenkonzil nach dem Bruch mit Papst Eugen IV. (1431-1447) und dessen Absetzung gewählt. Man wählte den mittlerweile abgedankten savoyischen Herzog Amadeus VIII. (Herzog 1416-1434) nicht nur wegen seiner Frömmigkeit, sondern auch wegen seines Reichtums und Einflusses, um dem Konzil in der Auseinandersetzung mit dem Papst in Rom Geltung zu verschaffen. Dies gelang ihm allerdings nicht und Papst Eugen IV. gewann bald die Oberhand über Gegenpapst und Konzil. 

Serienmedaille von Girolamo Paladino auf Papst Eugen IV. (1431-1447), rückseitig mit der Waage der Gerechtigkeit und der Devise REDDE CVIQUE SVVM („Gib jedem das Seine!“), HMB Inv. 2016.6.

Natürlich wurde Felix V. in Basel als der legitime Papst angesehen und seine Erhebung wurde in aller Feierlichkeit auf dem Münsterplatz und im Münster begangen. Enea Silvio Piccolomini, der Humanist und spätere Papst Pius II. (1458-1464), war zunächst Sekretär eines Kardinals auf dem Basler Konzil, später Gesandter des Konzils und sogar Sekretär des Gegenpapstes selbst. So konnte er ausführlich über das Konzil wie auch über die Weihe und Krönung von Felix V. am 24. Juli 1440 berichten. Bei dieser Schilderung fällt auf, dass sie außerordentlich detailliert ist und die beschriebenen Akte genau denen der üblichen Papsterhebungen in Rom entsprachen. Damit sollte die Legitimität des neuen, aber am falschen Ort gewählten und geweihten Papstes unterstrichen werden.

Medaille auf Papst Pius II., den vormaligen Konzilsteilnehmer und Gesandten Enea Silvio Piccolomini, der im Jahr 1460 die Gründung der Universität Basel gewährte und privilegierte, HMB Inv. 1905.678.

Da sich der neugewählte deutsche König, der Habsburger Friedrich III. (1440-1493), ebenso wie sein Vorgänger und die Kurfürsten neutral im Streit zwischen Eugen IV. und dem Konzil verhielt, leisteten nur der Reichserbkämmerer Konrad von Weinsberg (um 1370-1448) als Protektor des Konzils und der Markgraf von Baden-Hachberg-Rötteln den königlichen Ehrendienst für den neuen Papst, den sogenannten Stratorendienst. Konrad von Weinsberg war auch der Pfandinhaber der Basler Reichsmünzstätte für Goldgulden. Am Morgen nach der Krönung schenkte Felix V. anschließend an die Morgenmesse einer Reihe von Prälaten „zwei silberne Münzen und eine Goldmünze“ (duo argentei nummi et unus aureus). Man kann davon ausgehen, dass damit die damals in Basel geprägten Münzen gemeint sind, zumal auch auf einer Glocke zu Ehren des neuen Papstes um das päpstliche Wappen genau die damals gebräuchlichen Pfennige der städtischen Münzstätte abgegossen wurden, ein Rappen und dessen Halbstück, ein Stäbler.

Fragment einer Glocke zu Ehren von Papst Felix V. mit dem päpstlichen Wappen sowie den Abformungen eines Basler Rappen und Stäblers gemäß dem Vertrag von 1425 mit Baselstab-Schild in Wulst- und Perlkreis, HMB Inv. 1873.55.

Entsprechend kann man davon ausgehen, dass mit den verteilten aurei Goldgulden der Basler Reichsmünzstätte gemeint sind, zumal der Inhaber der Münzstätte, Konrad von Weinsberg, als königlicher Stellvertreter und weltlicher Protektor des Konzils fungierte. Als der zweite universale Herrscher neben dem Kaiser konnte der Papst auch eine Ehrenprägung in seinem Namen beanspruchen, ähnlich den im mittelalterlichen Reich üblichen königlichen Hoftagsprägungen. Dafür wurde der Oberstempel mit dem Papstwappen angefertigt. Als Rückseite dürfte ein Unterstempel mit der Basler Patronin, der Muttergottes Maria, gedient haben, wie er unter den späten Prägungen im Namen König Albrechts II. (1438-1439) und den frühen Goldgulden Friedrichs III. üblich war.

Goldgulden der Reichsmünzstätte Basel im Namen König Albrechts II. von Habsburg (1438-1439), HMB Inv. 1903.2535.

Noch über siebzig Jahre später, im Jahr 1512, demonstrierte der damalige Papst erneut seinen universalen Anspruch auf die Regalien, indem er den Baslern als Teilnehmern an dem siegreichen Feldzug der Eidgenossen gegen den Französischen König Ludwig XII. (1498-1515) ein eigenes Goldmünzrecht verlieh. Schon im selben Jahr wurden in Basel städtische Goldgulden im Namen von Papst Julius II. (1503-1513) geprägt. Allerdings bemühte sich die Stadt sicherheitshalber auch beim Kaiser um ein Goldmünzprivileg, das ihnen dann im Jahr 1516 tatsächlich verliehen wurde.

Goldgulden 1512 der Stadt Basel im Namen Papst Julius‘ II. (1503-1513), HMB Inv. 1905.2508.

Wenn man bedenkt, dass sich der savoyische Konzilspapst Felix V. nicht durchsetzen konnte, ist es nicht verwunderlich, dass keine Exemplare dieser seltenen Zeremonialprägung mehr vorhanden sind. Denn die wenigen Prälaten, die solche aurei im Juli 1440 erhalten haben, dürften ihre Goldgulden schnell gegen andere Münzen eingewechselt haben, als deutlich wurde, dass sie bei der Krönung des letztlich unterlegenen, also des schismatischen und „falschen“ Papstes mitgewirkt hatten. Was für heutige Sammler eine begehrte Rarität wäre, galt nur wenige Jahre nach deren Herstellung für ihre Besitzer als gefährliches kirchenpolitisches Corpus delicti.

Hier kommen Sie direkt zum historischen Museum Basel.

Dort ist zur Zeit eine ausgezeichnete Ausstellung zur Antikennachahmung in der Renaissance. Wir haben natürlich darüber berichtet.

Sie können sich ein paar ganz besondere Stücke aus dem Münzkabinett Basel auch im Internet ansehen.

Das historische Museum in Basel ist stolz darauf, viele Objekte bis zur Sammlung von Erasmus von Rotterdam und Bonifacius Amerbach zurückverfolgen zu können. Hier finden Sie einen Beitrag, wieso diese Sammlungen heute in Basel liegen und welche weiteren wichtigen Sammlungen im Historischen Museum zu finden sind.

Wenn Sie es etwas ausführlicher und etwas Numismatischer wollen, hier gibt es einen Artikel von Michael Matzke zur Geschichte des Münzkabinetts.

Erasmus von Rotterdam sagt Ihnen natürlich etwas. Aber für alle, die den Namen Bonifacius Amerbach zum ersten Mal hören: Hier ist der Artikel über ihn aus dem Historischen Lexikon der Schweiz.