MenschenGesichter Teil 17: Wer soll was bezahlen?


mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich

Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.

Römische Kaiserzeit. Diocletianus (284-305). Follis (oder Nummus), Ticinum, 297. Kopf des Diocletianus mit Lorbeerkranz n. r. Rs. Moneta, in der rechten Hand Waage, im linken Arm Füllhorn. © MoneyMuseum, Zürich.

Das Ende der (römischen) Welt scheint gekommen. An den Grenzen stehen kriegerische Stämme, die begehrlich auf den römischen Reichtum schielen. Im Land herrscht Inflation. Die kaiserliche Steuer frisst die Familienvermögen auf. Die Götter – so scheint es – haben Rom verlassen. Und da kommt auf einmal Diocletianus, ein Mann aus Dalmatien, ein simpler Soldat aus einfachsten Verhältnissen, und schafft etwas, was Generationen überdauern wird: Er legt den Grundstein für ein neues Rom.

Büste des Diokletian im Archäologischen Museum von Istanbul. Quelle: Wikicommons.

Als erstes sichert der Kaiser die Grenzen. Kein leichtes Unterfangen, aber mit einer Armee von ca. 500.000 Soldaten möglich. Er holt sich Helfer – drei Unterkaiser, jeder verantwortlich für ein Viertel des Reiches – und verhindert damit den Kampf mit Usurpatoren, der bis dahin die römische Zentralmacht so viel Energie gekostet hat. Danach lässt der Kaiser ausrechnen, was sein Staat ihn kostet, sein Heer, die vier kaiserlichen Haushalte und die Verwaltung – dann stellt Diocletianus das erste Staatsbudget der Weltgeschichte auf. Er beziffert die Ausgaben und sorgt dafür, dass die Steuereinnahmen die Staatsausgaben decken.

Das war nicht einfach. Nur durch eine gerechte Verteilung der Kosten konnte die Verteidigung der Grenzen finanziert werden. Die Steuer wurde mittlerweile nicht mehr ausschliesslich in Geld an den Staat abgeführt, sondern vor allem in Feldfrüchten. Die mussten transportiert, gelagert und verwaltet werden. Diocletianus hätte es daher vorgezogen, sich mit Münzen einer stabilen Währung bezahlen zu lassen. So reformierte er die Währung: Er ließ Goldmünzen prägen, die einen gleich bleibenden Feingehalt und ein festgelegtes Gewicht besaßen, Silbermünzen, die tatsächlich aus Silber bestanden, und eine Scheidemünze, von der wir nicht wissen, wie sie eigentlich hieß, die wir aber Follis nennen.

Doch die Rechnung ging nicht auf. Das, was wir heute als Volkswirtschaft bezeichnen, lag damals noch in den Anfängen. Diocletianus übersah, dass der Geldumlauf sich mit dem Warenumlauf decken muss. Und im Römischen Reich gab es mehr Scheidemünzen als Ware. Die Folge war eine Inflation des Kleingeldes. Diocletianus wollte das verhindern und erließ ein neues Gesetz, das den Wert der Scheidemünzen verdoppelte. Gleichzeitig setzte er in einem Edikt die Höchstpreise für alle möglichen Waren und Dienstleistungen fest.

Das konnte nicht funktionieren. Es blieb für das nächste knappe Jahrtausend beim Tauschhandel, und das Höchstpreisedikt wurde bei Diocletianus’ Rücktritt ohne großes Aufhebens unter den Tisch fallen gelassen.

In der nächsten Folge lernen Sie, wie viel Wahrheit wirklich hinter dem von Geschichtsschreibern geschaffenen Bild von Konstantin dem Großen steckt.

Alle Teile der Reihe finden Sie hier.

Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.