MenschenGesichter Teil 27: Stupor Mundi


mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich

Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.

Friedrich II., König von Sizilien (1197-1250), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (ab 1220). Halber Augustalis. Büste Friedrichs im römischen Stil. Rs. Adler mit ausgebreiteten Flügeln n. l. stehend, den Kopf zurückgewandt. © MoneyMuseum, Zürich.

Friedrich II., König von Sizilien, wuchs in Palermo auf, einer Stadt, in der damals Händler aus aller Herren Länder verkehrten. Auch wenn der Knabe aus Apulien sich nicht, wie feindliche Historiker es berichten, auf den Straßen herumtrieb, hatte er doch die Möglichkeit, das Denken und den Glauben anderer Völker in einer Art und Weise kennen zu lernen, die seinen europäischen Zeitgenossen verwehrt blieb. Dies formte eine Persönlichkeit, die Staunen hervorrief. Stupor Mundi, das Staunen der Welt, so nannte man ihn. Denn seine Gedanken wiesen weit hinaus über die Welt des Mittelalters.

Friedrich stellte Fragen, unbequeme Fragen, um genau zu sein. Und er holte sich seine Antworten, wo immer er sie fand. Als ihm christliche Geistliche keine befriedigende Antwort darauf gaben, welcher Beweis für die Unsterblichkeit der Seele existiere, fragte er Muslims, was mittelalterliche Chronisten als ein Zeichen seiner Gottlosigkeit interpretierten.

Friedrich II. mit seinem Falken. Aus seinem Buch „De arte venandi cum avibus“ („Über die Kunst mit Vögeln zu jagen“), Süditalien zwischen 1258 und 1266. Quelle: Wikicommons.

Kein Wunder, dass so ein Kaiser gebannt wurde. Kein Wunder, dass heute noch Anekdoten über Experimente Friedrichs zu lesen sind, die so sicher nicht stattgefunden haben. Verständnislose Chronisten versuchten damit die unglaubliche Tatsache zu fassen, dass dieser Kaiser Wissen selbst sammelte und nicht den Büchern entnahm. Tatsächlich schreibt Friedrich in seinem Buch über die Falkenjagd: „Wir sind dem Aristoteles gefolgt, wenn es sich schickte, aber in vielen Fällen, und besonders, wenn er von der Natur einiger Vögel schreibt, scheint er von der Wahrheit abgewichen zu sein. So konnten Wir Uns dem Fürsten der Philosophen nicht immer anschliessen, da er ja selten oder nie die Jagd betrieben hat […]“

Dieser Geist, dem nichts heilig war, veränderte und erneuerte alles, mit dem er sich beschäftigte. Die Verwaltung seines Königreiches Sizilien organisierte Friedrich in einer Art und Weise, die einem aufgeklärten Herrscher des 18. Jahrhunderts alle Ehre gemacht hätte. Und seine Münzprägung sollte zu einer Brücke werden zwischen Antike und Renaissance. Die Antike nämlich war auf Sizilien noch gegenwärtiger als im restlichen Europa. Überall entdeckte man ihre Überreste. So wurde die Allmacht der römischen Kaiser für Friedrich zum Vorbild und er ließ sich ganz in ihrer Manier darstellen: mit dem drapierten Feldherrenmantel und dem Lorbeerkranz. Zwar zeigen die Augustales Friedrichs II. von Sizilien noch kein echtes Herrscherporträt, aber sie weisen voraus auf die Wiedergeburt der römischen Kultur in der Zeit der Renaissance.

Wie es nach Friedrichs Tod mit seinem Königreich Sizilien weiterging, können Sie in der nächsten Folge nachlesen.

Wie Friedrich an die Macht kam, haben wir schon in einer Folge der MenschenGesichter berichtet.

Mehr über seine Leistungen als Herrscher gibt es im Beitrag: Die Motive der Euro-Umlaufmünzen: Italien – 1 Cent – Castel del Monte

Alle Teile der Reihe finden Sie hier.

Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.