400 Gulden – Schulden für die Ewigkeit

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von Björn Schöpe

9. August 2012 – Berlin war klamm. Wohl ähnlich wie heute, allerdings eher unverschuldet. Der bauwütige Hohenzoller Joachim II., der seinerzeit etwa die Zitadelle Spandau errichten ließ, forderte zur Finanzierung seiner Projekte immer höhere Steuern von seiner Residenzstadt Berlin-Cölln. Diese sah sich daher genötigt, am 28. Mai 1562 bei der nahen Stadt Mittenwalde 400 Gulden zu leihen zu einem Zinssatz von 6 Prozent. Doch auch heute, 450 Jahre später, steht die Rückzahlung aus. Inklusive aller Zinsen und Zinseszinsen. Kluge Leute haben berechnet, in welchen Dimensionen sich diese Summe heute, 2012, bewegt – es ist eine astronomische. Als Uwe Pfeiffer, der Bürgermeister von Mittenwalde, im Mai 2012, exakt 450 Jahre später, sich mit der Forderung nach der Schuldenrückzahlung an die Presse wandte, erhielt er Aufmerksamkeit rund um den Globus. Mittlerweile nerven ihn weitere Anfragen, denn selbstverständlich wusste der Mann, dass das hochverschuldete Berlin keineswegs Schulden im Trillionenbereich an eine kleine, aber schuldenfreie Kommune zahlen würde.

Der Berliner Finanzsenator nahm es hingegen gelassen. „Der Fall zeigt, dass Schulden einen immer wieder einholen, egal wie alt sie sind,“ äußerte er bei einem Treffen mit dem Mittenwalder Bürgermeister im Münzkabinett Berlin. Nicht ohne Grund hatte man diesen Ort für die Zusammenkunft gewählt. Immerhin werden dort Gulden aufbewahrt wie die seinerzeit nach Berlin geliehenen. Mittenwalde erhielt bei der Gelegenheit ein einzigartiges Stück von 1539 für mehrere Wochen als Leihgabe, Marktwert 50.000 bis 100.000 Euro. Leider hatte Uwe Pfeiffer wenig Sinn dafür, er hielt die Münze doch für eher „mickrig“.
Andererseits ist ja die Taube in der Hand bekanntlich nicht zu verachten. Bei der ganzen Aktion ist nämlich zu bedenken, dass der 450 Jahre alte Schuldschein, der seit langem im Büro des Mittenwalder Bürgermeisters aufgehängt ist, umstritten ist. Schon 1820 bemühte sich Mittenwalde um Begleichung der Schuld, in den 1960ern und 1990 wurde die Geschichte erneut angesprochen. Doch ist der Schuldschein echt? Das ist bei Historikern umstritten, ebenso ob eine Schuld nach 450 Jahren juristisch als verjährt anzusehen ist oder nicht. Vielleicht steht Berlin ja finanziell in 50 Jahren besser da, und Mittenwalde hat dann mehr Glück – sofern Berlin die Authentizität des Scheines dann anerkennt. Wer weiß, in welcher Währung die Schulden beglichen werden. Vielleicht wieder in Gulden, die waren immerhin aus wertbeständigem Edelmetall.

Hier und hier finden Sie Artikel zu dem Thema.

Dies ist die Seite der Stadt Mittenwalde.

Den Gulden von 1539 können Sie hier sehen.