Alexander Farnese – Der Mann, der Spanien fast die Niederlande erhalten hätte

Alexander Farnese wurde am 27. August 1545 in Rom als Sohn der Margarethe von Parma geboren. Margarethe war die uneheliche Tochter Karls V., weshalb Alexander am spanischen Hof aufwuchs. Mit vierzehn Jahren begleitete er seine Mutter in die Niederlande, wo sie ab 1559 das Amt des Statthalters bekleidete. Alexander dürfte damals vieles verinnerlicht haben: Die Institutionen und die wichtigsten Politiker. Die Gründe der niederländischen Unzufriedenheit mit der spanischen Herrschaft. Und die Tatsache, dass die meisten Bürger – auch die Niederländer – lieber in Frieden leben. Sicherheit und eine stabile Währung sind der Mehrung des Reichtums eben förderlicher als Krieg. Die Religion, sie spielte – anders als in Deutschland – eher eine Nebenrolle.

Alessandro Farnese, Herzog von Parma und Statthalter der Niederlande von 1578-1592.

Dass es trotzdem zu einem Aufstand kam, hatte mehrere Gründe. Einer davon war sicher die Tatsache, dass der Herzog von Alba nicht der richtige Mann war, dessen Entstehen zu verhindern. Albas ungeschickte Politik veranlasste noch den friedlichsten Katholiken, über Widerstand nachzudenken. Don Juan d’Austria, der 1577 die Statthalterschaft übernahm, war auch nicht besser. Einen mühsam ausgehandelten Frieden, machte er zu Makulatur. Der Sieger von Lepanto war viel zu selbstverliebt und ungeduldig, um diplomatisch vorzugehen.
Alessandro Farnese war da ein ganz anderer Mann. Der gewiefte Politiker verfügte über Geduld und ein gewinnendes Wesen und war ganz nebenbei einer der besten Feldherrn seiner Zeit.

Brabant. Philipsdaalder, 1577, Brüssel. Äußerst selten. Sehr schön. Taxe: 1.500,- Euro. Aus Auktion Künker 307 (18. Juni 2018), Nr. 226.

Sehen wir uns anhand der Münzen an, an welchem Punkt sich die aufständischen Niederlande damals befanden: In den Niederlanden wurde mit Geld bezahlt, das den Namen des spanischen Königs Philipps II. trug. Diese königliche Münze wurde 1577 in Brüssel für Philipp als Herzog von Brabant ausgegeben. Das Nominal heißt nach ihm Philipsdaalder, da er diese Münze im Jahr 1557 eingeführt hatte. Sie zeigt das königliche Porträt. Gianpolo Poggini, ein Florentiner Stempelschneider, der vorher in den Diensten der Medici gestanden hatte, schuf es. Er war damit betraut, in Brüssel eine neue Münzstätte einzurichten.

Geldern. Burgundischer Rijksdaalder, 1567. Sehr schön bis vorzüglich. Taxe: 200,- Euro. Aus Auktion Künker 307 (18. Juni 2018), Nr. 1168.

Neben den Talern mit dem Porträt des Herrschers gaben die Spanier auch Münzen heraus, die auf der Vorderseite das burgundische Kreuz zeigten und auf der Rückseite den Orden vom Goldenen Vlies. Immerhin waren die Niederlande traditionell ein Teil des burgundischen Reichs gewesen. Die Burgundischen Rijksdaalder waren ein wenig leichter als die Philipsdaalder und nannten ihren Prägeherrn lediglich in der Legende. Auf dieser Münze aus dem Herzogtum Geldern wird Philipp passend als Herzog von Geldern angesprochen.

Brabant. Staatentaler 1578, Maastricht. Äußerst selten. Sehr schön bis vorzüglich. Taxe: 2.500,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 240.

Flandern. Staatentaler 1578, Brügge. Sehr selten. Sehr schön bis vorzüglich. Taxe: 1.500,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 512.

Hennegau. Staatentaler 1578, Mons. Äußerst selten. Fast vorzüglich. Taxe: 3.000,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 585.

Während die Spanier mit Philipsdaaldern und Rijksdaaldern zahlten, prägten die Generalstaaten, also das Bündnis der aufständischen Städte und Fürsten, die Staten-Daalder mit einem Gewicht von 30,47 g und einer mit 750 Tausendstel wesentlich niedrigeren Feinheit. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass diese Prägungen trotzdem sowohl das Bild als auch den Titel des spanischen Königs zeigen. Sie beziehen sich damit auf die Propaganda, dass der Freiheitskampf der Niederlande nicht gegen den spanischen König, sondern gegen seine schlechten Ratgeber geführt werde. So stellte Wilhelm von Oranien seinen Kampf 1568 unter das Motto: Pro lege, rege et grege (= für das Gesetz, den König und das Volk).
Doch das sollte sich durch das Eingreifen Alexander Farneses ändern.

Die Union von Arras (gelb) und die Union von Utrecht (blau). Karte: Wikipedia, cc-by 2.5.

Der erfocht noch im Monat seiner Ankunft, dem Januar 1578, einen entscheidenden Sieg. Kurz darauf nahm er Löwen ein, so dass sich die Generalstaaten nach Antwerpen zurückziehen musste. Dies nutzte die radikale kalvinistische Minderheit dafür, eine Reihe flandrischer Städte unter ihre Kontrolle zu bringen. Und damit bekamen auf der anderen Seite die Adligen im benachbarten Artois und Hennegau Angst, die Kalvinisten würden sich auch ihrer Besitzungen bemächtigen.
Den Spaniern kam dabei ein glücklicher Umstand zu Hilfe: Am 1. Oktober 1578 starb der undiplomatische Don Juan, und Alexander Farnese übernahm die Verhandlungen. Diese führten zur Gründung der Union von Arras am 6. Januar 1579 und zu ihrem Bündnis mit den Spaniern. Letzteres beantworteten die aufständischen Städte mit der Gründung der Union von Utrecht.

Die Einnahme von Maastricht am 29. Juni 1579. – Die Sänfte und der kleine Sonnenschirm dürfte der Phantasie des niederländischen Illustrators entsprungen sein.

Maastricht. 24 Stüber in Kupfer, Mai 1579. Sehr schön. Taxe: 150,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 912.

Und fast wäre es dann zu einem Frieden gekommen. Zumindest verhandelten die Parteien bereits in Köln. Doch die Eroberung von Maastricht durch Alexander Farnese im Juni des Jahres 1579 machte die spanischen Gesandten übermütig. Sie erhöhten ihre Forderungen, so dass die Niederländer nicht darauf eingehen konnten. Eine verschenkte Gelegenheit, denn 1580 hatte Philipp II. plötzlich andere Prioritäten. Er plante die Eroberung Portugals, und so schickte Alexander Farnese seine 5.500 spanischen Soldaten auf die iberische Halbinsel.

Brabant. Franz-Hercules von Alençon. 1/2 Rijksdaalder 1584, Antwerpen. Sehr selten. Sehr schön bis vorzüglich. Taxe: 1.500,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 246.

Währenddessen suchten die aufständischen Städte fieberhaft nach einer ausländischen Macht, deren Ressourcen den spanischen gewachsen sein könnte. Frankreich galt als Erbfeind der Habsburger. Man fragte an und am 29. September 1580 wurde ein Vertrag unterzeichnet, der Franz-Hercules von Alençon, den kleinen Bruder des französischen Königs, zum „Verteidiger der Freiheiten der Niederlande“ machte. Für dessen 10.000 Soldaten fasste die Versammlung der Stände den Beschluss, den spanischen König zu „verlassen“. Erst zu diesem Zeitpunkt gaben die Aufständischen also die Fiktion auf, sich mit dem spanischen König arrangieren zu wollen.

Die Einnahme von Oudenaarde am 5. Juli 1582. – Die schmausenden Spanier gehören ebenfalls zur „dunklen Legende“ von den untüchtigen, brutalen Gegnern der freiheitsliebenden Niederländer.

Oudenaarde. Einseitige Klippe zu 20 Stübern 1582 in Zinn. Sehr selten. Sehr schön. Taxe: 1.000,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 686.

Während man auf die französischen Soldaten wartete, nahm Alexander Farnese am 4. Juli 1582 die Stadt Oudenaarde ein.

Republik Brabant. ROBUSTUS Daalder 1584, Antwerpen. Äußerst selten. Fast vorzüglich. Taxe: 10.000,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 247.

Als die 10.000 Söldner endlich ankamen, stellte sich heraus, dass auch Franz von Alençon nicht in erster Linie das Wohl der Niederlande im Sinn gehabt hatte. Er wollte herrschen und versuchte, mit einem Handstreich das eigentlich mit ihm verbündete Antwerpen unter seine Kontrolle zu bringen. Die Bürger von Antwerpen waren gewarnt worden und massakrierten die überraschten Franzosen. Franz-Hercules kehrte nach Frankreich zurück – und die Antwerpener feierten die unabhängige Republik Brabant in ihren Münzen.
Diese werden nach ihrer Umschrift als Robustus Daalder bezeichnet. Das darauf niedergeschriebene Zitat stammt aus dem Buch Josua und kann übersetzt werden mit „Sei stark und mutig“. 34.715 solcher Taler wurden vom September 1584 bis zum Juni 1585 in Antwerpen produziert.

Republik Brabant. ROBUSTUS 1/2 Daalder 1584, Antwerpen. Sehr selten. Sehr schön. Taxe: 2.000,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 248.

Der halbe Robustustaler ist häufiger. Von ihm wurden 288.145 Stück in Umlauf gebracht. Doch bereits während diese Stücke geprägt wurden, belagerte Alexander Farnese die Stadt.

Die Belagerung von Antwerpen.

Seine Ingenieure lieferten hier ihr Meisterstück. Sie bauten, um die an der Schelde gelegene Stadt völlig einzuschließen, eine Schiffsbrücke. Ihr konnte weder mit der üblichen Flutung des Landes noch mit Brandbomben beigekommen werden. Am 17. August 1585 mussten sich die Antwerpener Bürger ergeben.

Ypern. Einseitige Klippe zu 10 Stübern 1583 in Blei. Schön. Taxe: 200,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 742.

Zu diesem Zeitpunkt war Wilhelm von Oranien war tot, ermordet von einem katholischen Anhänger Philipps II. Ypern und Brügge hatten sich dem Alexander Farnese ergeben. Ypern nach sechsmonatiger Belagerung, Brügge sogar ohne dass überhaupt ein Kampf stattgefunden hätte.
Alexander setzte nämlich auf günstige Friedensbedingungen und verhinderte so die monatelangen Belagerungen, die zur Zeit eines Herzogs von Alba stattgefunden hatten.

Gent. Noble 1582. Sehr selten. Vorzüglich. Taxe: 2.500,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 518.

Das aufständische Gent kapitulierte am 17. September 1584.

Brüssel. Einseitige Klippe zu 2 Gulden 1584. Äußerst selten. Vorzüglich. Taxe: 3.000,- Euro. Aus Auktion Künker 207 (18. Juni 2018), Nr. 317.

Brüssel entschied sich nach nur 10 Tagen Verhandlungen, unter die Kontrolle des spanischen Königs zurückzukehren.

Der Kampf mit der spanischen Armada im August 1588. Unbekannter englischer Maler vor 1700.

Alexander Farnese hätte zu diesem Zeitpunkt die Niederlande wahrscheinlich wieder unter spanische Kontrolle zurückführen können, wären da nicht die internationalen Verwicklungen gewesen: Die englische Königin Elizabeth I. griff ein. Philipp II. wollte sie von jeder weiteren Einflussnahme abhalten und schickte seine spanische Armada, die so glorreich scheitern sollte.
Alexander Farnese wurde aus den Niederlanden abgezogen, um in Frankreich einzugreifen, wo es zu verhindern galt, dass der hugenottische Heinrich IV. den Thron des französischen Königs erbte.
Dies gab den Generalstaaten die Möglichkeit, sich zu reorganisieren, während Alexander Farnese, ihr größter Gegner, in Paris einmarschierte und 1592 in Arras starb.

Seine Nachfolger hatten nicht mehr sein Format. Sie kamen und gingen, bis im Rahmen des Westfälischen Friedens von 1648 auch der so genannten Achzigjährige Krieg mit der internationalen Anerkennung der Republik der Vereinigten Niederlande endete.

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