Bernard Poindessault (1935-2014)

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von Fritz-Rudolf Künker

2. Oktober 2014 – In den 70er Jahren hörte man in Paris immer wieder einen kleinen Scherz. Ja, es gäbe einen numismatischen Himmel, und der wäre beherrscht von Gottvater, Gottsohn und dem Heiligen Geist. Gottvater wurde, wie könnte es anders sein, mit dem großen Jean Vinchon identifiziert, Urgestein des Pariser Münzhandels seit 1945. Als Heiliger Geist galt Emile Bourgey. Und Gottsohn, das konnte niemand anderer sein als Bernard Poindessault, eifriger Prophet und Verkünder der numismatischen Botschaft, der eine große Begabung darin entfaltete, Laien für die Numismatik zu begeistern. Um Bernard Poindessault trauert nicht nur seine Familie. Die numismatische Welt hat eine große Persönlichkeit verloren. Er starb am 12. Juli 2014.

Geboren wurde Bernard Poindessault als Kind zweier Juristen am 13. Juli 1935. So war es keine Überraschung, dass auch er sich nach der Schule für das Studium der Rechte entschied. Doch in den Jahren zwischen 1958 und 1961 kam der Militärdienst, und der gab seinem Leben eine neue Richtung. Im Laufe seiner militärischen Karriere wurde er nämlich nach Algerien geschickt, um in Khenchela eine Schule aufzubauen. Vor Ort erlebte der junge, begeisterungsfähige Mann, wie die Thermen der antiken Stadt Mascula ausgegraben wurden. Immer wieder kamen dabei Münzfunde zu Tage. Bernard Poindessault war hingerissen. Seit frühester Kindheit hatte er die Romane von Alexandre Dumas mit ihrem historischen Hintergrund förmlich verschlungen. Er hatte sogar eine kleine Sammlung von Sesterzen aufgebaut. Und nun erlebte er vor Ort eine Ausgrabung, entdeckte selbst einige Objekte, die heute in den Vitrinen des Museums von Konstantine ausgestellt sind.

Nach dem Militärdienst wieder in Paris, arbeitete Bernard Poindessault in einer Pariser Versicherung. Seine gesamte Freizeit aber investierte er in die Numismatik. Er sammelte römische Münzen. Darüber hinaus hatte er das tiefe Bedürfnis, seine Leidenschaft für die Numismatik zu teilen. Und so wurde er ein Gründungsmitglied der Société d’Etudes Numismatique et Archéologie, deren Präsidium er später übernehmen sollte. Er schuf die Zeitschrift Les Cahiers numismatiques und agierte als deren Redakteur. Und 1965 kam seine große Stunde. Er wurde von der Fernsehsendung „Avis aux Amateurs“ von T.F.1 eingeladen, um sein Hobby vorzustellen. Was heute nichts wirklich Besonderes mehr wäre, war damals eine Sensation: T.F. 1 war der einzige Fernsehkanal, der in Frankreich empfangen wurde. Alle sahen Bernard Poindessault. Doch selbst die Fernsehprofis waren von dem Echo überwältigt. Mehr als 1.200 Briefe erreichten den Sender – so viele wie noch nie zuvor. In den 15 Monaten, die Bernard Poindessault brauchte, um sie alle zu beantworten, entschied er sich, die Karriere zu wechseln. Er gab sein Versicherungsgeschäft auf und wurde Münzhändler.

Schon nach zwei Jahren reichten die Geschäftsräume in der Rue Montpensier nicht mehr aus. 1969 erfolgte der Umzug in die Straße der Münzhändler, in die Nr. 38 der Rue de Richelieu, wo noch heute das Centre Numismatique du Palais Royal zu finden ist, das von seiner Frau Josiane weitergeführt wird.

Neben der Arbeit eines Münzhändlers – er führte zahlreiche Auktionen als Experte im Pariser Hotel Drouot durch, veranstaltete aber auch Auktionen in Lyon, Marseille, Lille, Roubaix, Bordeaux und Poitiers – war Bernard Poindessault immer daran gelegen, die Numismatik zu fördern. So gab er drei Bücher heraus, von denen zwei von vielen Sammlern als Grundlage ihrer Tätigkeit benutzt wurden: Das Repertoire de la Numismatique Française Contemporaine und das Repertoire des Monnaies Napoleonides. Er initiierte die Zeitschrift Archeonumis und arbeitete als Generalsekretär, Vize-Präsident und Präsident aktiv mit in dem französischen Händlerverband Syndicat National des Experts Numismates et Numismates Professionnels, dessen Ehrenpräsident er war.

Bernard Poindessault war darüber hinaus immer wieder als Experte sowohl für das Tribunal de Commerce de Paris tätig als auch für die Cour d’Appel in Paris. Sein bedeutendster „Fall“ in dieser Funktion stand in Zusammenhang mit dem großen Diebstahl aus dem Museum von Neapel. Damals musste er aus 3.500 beschlagnahmten antiken Münzen die Stücke herausfinden, die dem Museum von Neapel gestohlen worden waren.

Bernard Poindessault war den neuen Medien gegenüber immer aufgeschlossen. Hatte seine numismatische Karriere mit einem Fernsehauftritt begonnen, stand am Ende eine neue Internet-Seite www.infomonnaies.com, die heute von der französischen Zeitschrift Numismatique et Change betreut wird.

Mit Bernard Poindessault verliert die numismatische Welt einen engagierten Vertreter, dem es gegeben war, auch Außenstehende und Nicht-Sammler zu begeistern. Ich habe einen Kollegen und Freund verloren, dem ich über die Numismatik verbunden war. Mein Mitgefühl gilt seiner Witwe, Josiane Vedrines-Poindessault, und der ganzen Familie.