Bob Hecht (1919-2012)

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von Ursula Kampmann

23. Februar 2012 – Er war wohl eine der umstrittendsten Figuren im Handel mit antiker Kunst: Robert E. Hecht, Erbe der Hecht’s Warenhauskette, starb am 8. Februar 2012, nur vier Wochen nach der Einstellung eines Gerichtsverfahrens gegen ihn.

Bob Hecht wurde am 3. Juni 1919 in Baltimore geboren. Er schloss das traditionsreiche Haverford College ab, ehe er während des Zweiten Weltkriegs in der amerikanischen Marine diente. Nach dem Krieg nutzte er seine hervorragenden Sprachkenntnisse und arbeitete im Europa als Übersetzer für die Armee der Vereinigten Staaten. Er beschloss, nicht zurückzukehren, und begann, an der Universität von Zürich klassische Archäologie zu studieren.

Als Mitglied der Amerikanischen Akademie in Rom kam er nach Italien. Vielleicht war es dort, wo er in den Handel mit antiker Kunst involviert wurde. Bob Hecht selbst mystifizierte seine Tätigkeit im Kunsthandel, und diejenigen, die mit ihm zu tun hatten, halfen dabei:

Bruce McNall, Pferdezüchter, Eigentümer eines Hockeyteams – der Los Angeles Kings, und einer Rugbymannschaft – der Toronto Argonauts, der ursprünglich sein Vermögen mit Antikenhandel gemacht hatte, und 1994 wegen verschiedener Delikte zu 70 Monaten Gefängnis verurteilt wurde, schildert in seinen Memoiren das erste Treffen mit Bob Hecht folgendermaßen:

„Nach der Auktion arbeitete ich mich durch den Saal hinaus, Michael im Schlepptau, als mich ein dünner Mann mit aristokratischem Ansehen aufhielt: „Mr. McNall“, sagte er. „Ich bin Bob Hecht. Wenn Sie Antiken und Münzen mögen, habe ich ein paar Objekte, die Sie mögen könnten. Warum kommen Sie nicht mit mir in mein Zimmer?“
Obwohl er auf einem der billigen Plätze hinten im Saal gesessen war, gehörte Bob Hecht zu den wichtigsten Gestalten im gesamten Antikengeschäft. Damals, ein bisschen über 50 Jahre alt, hatte er dünne graue Haare und trug eine Brille mit Drahtgestell. Er sah aus wie irgendein netter alter Opa, aber in Wirklichkeit war er eine der mysteriösesten Figuren im Bereich der antiken Kunst. Obwohl man behauptete, Bob habe im 2. Weltkrieg als Spion gearbeitet, gab er lediglich zu, im Krieg gewesen zu sein, und danach beschlossen zu haben, in Europa zu bleiben. Was immer seine Vergangenheit gewesen sein mag, er war die weltweit größte Einzelquelle für frische Ausgrabungen geworden, die er irgendwie zu finden und zu verkaufen verstand, trotz der weltweit strengen Gesetze gegen die Ausfuhr dieser Schätze.“

Wie es mit der Wahrheit hinter diesem Bericht steht, zeigen ein paar Details: Das Treffen soll während einer Auktion der Münzen und Medaillen AG im Hotel Schweizerhof in Bern stattgefunden haben. Nun hielt die Münzen und Medaillen AG ihre Auktionen nie in Bern ab, sondern in den eigenen Firmenräumen in Basel; und der Schweizerhof, in dem tatsächlich Auktionen stattgefunden haben, liegt nicht in Bern, sondern in Luzern. Die Memoiren von Bruce McNall sind ein gutes Beispiel dafür, dass die Wahrheit über die Handlungen von Bob Hecht immer dafür gut waren, eine spannende Geschichte zu erzählen, ohne allzu viel auf die Realität einzugehen. Wahrheit, Fiktion und Mysterium ist in dieser Gestalt nicht zu trennen.

Doch eines soll hier auch nicht vergessen werden, die Clain-Stefanellis verdankten Bob Hecht ihre Rettung ins sichere Amerika. Hier ein Ausschnitt aus meinem Nachruf auf Elvira Clain-Stefanelli, der auf einem ausführlichen Interview mit ihr basiert:

„Nach dem Krieg zogen die Clain-Stefanellis nach Rom, wo sie bei der Firma Santamaria gemeinsam Arbeit fanden. … Doch auch Italien bot auf die Dauer keine sichere Bleibe. Amerika hatte mit Russland vereinbart, dass ehemalige russische Staatsangehörige nach hause zurückkehren mussten. Das Gebiet, in dem Vladimir zur Welt gekommen war, gehörte mittlerweile zu Russland und so bestand die Gefahr, ausgewiesen zu werden.“
Mit Hilfe eines findigen italienischen Beamten wurde aus der Familie Klein mit ihrem Nachforschungen geradezu herausfordernden Namen die Familie Clain-Stefanelli.
„Unter diesem Namen reisten die beiden Clain-Stefanellis mit Hilfe ihres amerikanischen Freundes Bob Hecht nach den Vereinigten Staaten von Amerika aus.“

Wie auch immer, trotz erster Ermittlungen in den späten 60er Jahren tauchten ernsthafte Vorwürfe erst im Zusammenhang mit dem Euphronios Krater auf, der 1972 an das Metropolitan Museum verkauft worden war. Während Hecht behauptete, er habe ihn von einem Libanesischen Münzhändler, dessen Familie ihn 1920 erworben habe, beharrten die italienischen Behörden darauf, dass er aus einem etruskischen Grab in Cerveteri stammen würde und 1971 illegal ausgegraben und aus dem Lande geschmuggelt worden sei.

2004 wurde Giacomo Medici, der Bob Hecht den Ephronios Krater verkauft haben soll, verurteilt. Gegen Hecht wurde 2005 das Verfahren eingeleitet. Es endete Anfang Januar 2012 wegen Verjährung ohne Urteil.

Mit Bob Hecht stirbt der Vertreter einer vergangenen Epoche des Kunsthandels. Gestalten wie er haben nicht zum guten Ruf der Branche beigetragen, doch sollten wir Nachgeborenen uns andrerseits hüten, sie vorschnell zu verurteilen. Es war eine andere Zeit mit anderen Vorstellungen und Idealen. Unsere aktuellen ethischen und moralischen Ansprüche können nicht auf die Vergangenheit übertragen werden. Wer so handelt, vergisst, dass auch die menschlichen Vorstellungen von Recht und Unrecht einem ständigen Wandel unterworfen sind.

Wenn Sie den Artikel der New York Times zum Tod von Bob Hecht lesen wollen, klicken Sie hier.