Die Grafen von Montfort und ihre Münzprägung

von Joachim Stollhoff

Wenn wir heute hören würden, dass ein Staatschef sein Land an ein Nachbarland verkauft und sich mit dem Erlös als Pensionär ins Privatleben zurückgezogen hat, fänden wir das seltsam. Aber vor nicht einmal 250 Jahren war so etwas möglich: Der letzte regierende Graf von Montfort verkaufte seine Grafschaft an die Österreicher und wurde Privatmann.

Im Mittelalter besaßen die Grafen von Montfort umfangreiche Gebiete am Bodensee, am Alpenrhein, in Rätien in der heutigen Schweiz, im heutigen Fürstentum Liechtenstein, im Vorarlberg und im Allgäu. Sie gründeten die Städte Feldkirch, Bludenz und Sargans. Mitglieder der Familie waren Bischöfe von Chur und von Konstanz, einige arbeiteten als Diplomaten, einer war ein bekannter Minnesänger. Die Montforter waren eine machtvolle, wichtige Familie.
Aber durch Spaltung in mehrere Linien, durch Erbteilungen und Familienstreit verloren sie ihre bedeutende Position. Stattdessen häuften sich die Schulden, und nach und nach wurden die Besitzungen an die Habsburger verkauft.

Die Münzprägung der Grafen von Montfort begann schon im Mittelalter mit einigen Brakteaten, die sehr selten sind. Für den normalen Münzensammler werden die Montforter im 17. und 18. Jahrhundert interessant, als sie sich bemühten, ihr Münzrecht als Einkommensquelle zu nutzen.

HUGO XIV. und JOHANN VIII., 1619-1625. Taler 1620, Tettnang. Behelmtes Wappen. Rv. Gekrönter Doppeladler. Ebner 42. Münzen & Medaillen GmbH kommende Auktion 37 (23. November 2012), Nr. 331.

Das begann in der Kipperzeit 1620 mit der Prägung unterwertiger Taler in Tettnang und der Verpachtung der Münzprägung an eine Gruppe von Unternehmern, die 1621 die Münzstätte in Langenargen einrichteten und dort Taler und Dreibätzner, also 12-Kreuzer-Stücke, herstellten.
Als 1623 die deutschen Fürsten beschlossen, das Kipper-Unwesen zu beenden und zu gutem Geld zurückzukehren, kaufte Graf Hugo von Montfort die wertlos gewordenen Kippermünzen in großen Mengen zum Altmetall-Preis auf und prägte aus dem darin enthaltenen Silber vor allem Halbbatzen, 2-Kreuzer-Stücke. Auf dem süddeutschen Probationstag im Mai 1626 in Augsburg wurden diese Münzen für mangelhaft befunden und verboten, Münzmeister und Wardein wurden zum nächsten Probationstag mit den Münzbüchern nach Nürnberg geladen.
Im Oktober 1626 auf dem Probationstag in Nürnberg stellte man fest, dass die Montforter Münze nur durch einen unvereidigten Münzer betrieben wurde und aus der angeforderten Buchhaltung nur ein „Extrakt“ geschickt worden war. So zog sich das hin bis 1630 – der Graf wurde jeweils aufgefordert, die Münzbücher und zwei verantwortliche Beamte, nämlich Münzmeister und Wardein, zum Probationstag zu schicken, und stattdessen kam nur ein Entschuldigungsschreiben des Grafen.
1629 beendete Graf Hugo das Prägen des Kleingelds. Wahrscheinlich waren seine Silbervorräte zu Ende. Zum Probationstag im Oktober 1630 in Regensburg schickte er endlich die seit mehreren Jahren angemahnten Münzbücher. Aus ihnen ging hervor, dass er von 1626 bis 1629 trotz des erlassenen Verbots für mehr als 300.000 Gulden hatte Halbbatzen prägen lassen, also mehr als neun Millionen Stück.

Montfort nahm das massenhafte Prägen erst wieder 1675 auf, als in Deutschland in Folge des Zinnaischen Münzfußes viele 2/3-Taler bzw. Gulden zu 60 Kreuzer und deren Halb- und Viertelstücke umliefen. Im Dezember 1679 beschlossen die drei süddeutschen Kreise, alle Montforter Münzen vom Gulden bis zum Kreuzer zu verbieten; die Münzstände sollten sie ein Sechstel unter Nennwert zum Einschmelzen kaufen und sie damit aus dem Verkehr ziehen.

Auf die Montforter Grafen scheint das aber wenig Eindruck gemacht zu haben, denn unter Johann VIII., Anton dem Älteren, Anton dem Jüngeren, Ernst und Franz Xaver wurde bis 1763 mit nur wenigen Unterbrechungen fleißig geprägt.
Das Montforter Geld wurde zwar regelmäßig bei den Prüfungen der Kreise bemängelt, verrufen und verboten. Auch auf dem Handelsplatz Frankfurt am Main wurde es zeitweilig nicht angenommen.

ANTON, 1686-1693, als Vormund für seinen Neffen ANTON DEN JÜNGEREN. Gulden 1690. Geharnischtes Brustbild r. mit Mantel. Rv. Gekröntes Wappen zwischen Zweigen, unten FJ 16 (60) 90 G , mit Gegenstempel des Fränkischen Kreises. Ebner 127. Münzen & Medaillen GmbH kommende Auktion 37 (23. November 2012), Nr. 362.

Trotzdem gibt es viele Montforter Guldenstücke mit Gegenstempeln des Fränkischen Kreises. Mit solchen Gegenstempeln wurden aber nur die guten Münzen gekennzeichnet, die für den Umlauf zugelassen waren. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich durch die ständige Geldentwertung: Die Grafen von Montfort prägten die Stücke zwar unterwertig, aber ein paar Jahre später war die allgemeine Geldentwertung so weit vorangeschritten, dass die alten schlechten Gulden nun gar nicht mehr auffielen und als akzeptabel galten, und dann wurden sie gegengestempelt. Denn die Grafen von Montfort waren beileibe nicht der einzige Münzstand, der schlechtes Geld prägte. Löwenstein, Öttingen, Sayn, auch geistliche Fürsten wie der Bischof von Konstanz und Städte wie Kempten wurden getadelt, und auch der Kaiser selber beteiligte sich an der Münzverschlechterung. Die Geldentwertung war eine allgemeine Erscheinung, aber die Montforter waren immer in vorderster Front dabei.
1722 gab es einen Skandal wegen der Fälschung von Konstanzer Ratsschillingen in der Münzstätte Langenargen, aber Graf Anton hielt sich nicht für zuständig, da er nicht selbst gefälscht, sondern die Münzstätte verpachtet hatte.

ERNST, 1730-1758. Viertel Karolin 1736. Brustbild r. Rv. Kreuz aus zwei gekrönten Doppel-E und zwei gekrönten Doppel-F, in der Mitte Wertzahl 1/4. Ebner 293. Münzen & Medaillen GmbH kommende Auktion 37 (23. November 2012), Nr. 469.

1734 begann in Langenargen die Prägung goldener Karoline, 1736 wurde in einem Münzpatent des Fränkischen Kreises vor ihnen gewarnt, 1737 wurden sie in Franken verboten. 1749 wurden in Hannover alle Montforter Goldmünzen verboten. Also, wenn das Prägen einer Münzensorte Profit versprach, machten die Grafen von Montfort mit, egal ob in Gold, Silber oder Kupfer.

Die Grafen lebten, wie kunstliebende Fürsten in der Zeit des Barock leben wollten. Von 1712 bis 1730 wurde das Neue Schloss in Tettnang gebaut und als Residenz ausgestattet. Aber das Bauen eines Schlosses und eine repräsentative Hofhaltung kosteten Geld. Geld kann man heranschaffen, wenn man Ideen hat.

ERNST, 1730-1758. Rentkreuzer 1737. MONTF: / RENT / KREUZER / 1737 in Kartusche. Rv. Behelmtes Wappen. Ebner 299. Münzen & Medaillen GmbH kommende Auktion 37 (23. November 2012), Nr. 472.

So ließen die Grafen „Rentkreuzer“ prägen, das waren Münzen, die, anders als sonst, nicht für den Export geprägt wurden, sondern für den Umlauf im eigenen montfortischen Land, und die gar kein Geheimnis daraus machten, dass ihr Nennwert nicht dem Silberwert entsprach. Das Wort „Renten“ bezeichnete damals regelmäßige Zahlungen, z. B. auch Steuern. Die Behörde, die die Steuern eintrieb, war das „Rentamt“. Die Rentkreuzer aus schlechtem Silber wurden mit dem Hinweis ausgegeben, dass man mit ihnen die nächstfälligen Steuern bezahlen sollte; sie würden dann nicht zum mageren Silberwert, sondern zum vollen Nennwert gerechnet. Im Grunde ist das die gleiche Idee, die zum Papiergeld führte. Da wurde die Münze zum metallenen Schuldschein, zu einem Zahlungsversprechen, und die Eintreibung der Steuern wurde vorausgenommen.

1760 verfügte der Kaiser per Mandat, wer Montforter Münzen ausgebe oder annehme, solle nicht nur das Geld verlieren und den Schaden tragen, sondern noch zusätzlich Strafe zahlen. Trotzdem sind gerade die letzten Jahrgänge der Montforter Münzen fast nur in schlechter Erhaltung zu bekommen und müssen viel umgelaufen sein.

FRANZ XAVER, 1758-1780. Taler 1759. Geharnischtes Brustbild r., darunter die Signatur des Stempelschneiders J. Haag. Rv. Behelmtes Wappen, unten 17-59:. Ebner 352. Münzen & Medaillen GmbH kommende Auktion 37 (23. November 2012), Nr. 503.

1763 schloss Graf Franz Xaver die Münzstätte Langenargen und prägte keine Münzen mehr. Er behielt allerdings die Münzstätte mit allem Zubehör, in der Hoffnung, später wieder anfangen zu können. Dazu kam es aber nicht. 1779-1780 übergab Franz Xaver die Grafschaft mit allen Schulden an die Habsburger, wurde Pensionär und starb bald. 1787 starb Anton IV., der letzte Graf, der nur noch als Privatmann in Tettnang gelebt hatte. Damit war die Familie ausgestorben.

Das Gebiet der Grafschaft Montfort, das Österreich 1780 kaufte, das Gebiet um Langenargen und Tettnang, wurde 1805, zur Zeit Napoleons I., an Bayern gegeben und 1810 weiter an Württemberg. Heute gehört es zu Baden-Württemberg.

1816 ernannte der König von Württemberg seinen Schwiegersohn Jérôme Bonaparte, Bruder Napoleons I., zum Fürsten von Montfort. Eine familiäre Verbindung dieses Fürsten von Montfort zur Familie der Grafen von Montfort gab es nicht. Ebensowenig bestand eine Verbindung zwischen den Grafen von Montfort und der alten französischen Adelsfamilie de Montfort, obwohl die Grafen den heiligen Johann de Montfort aus der französischen Familie als ihren Schutzpatron ansahen und ihn auch mehrmals auf ihren Münzen abbildeten.

Literatur:

  • Hirsch, J. Chr., Des Teutschen Reichs Münz-Archiv, Nürnberg 1756-1768.
  • Klein, U., Die Münzen und Medaillen der Grafen von Montfort, in: Die Montforter. Ausstellungskatalog des Vorarlberger Landesmuseums, Bregenz 1982.
  • Klein, U., Die Münzstätte Langenargen, in: Langenargener Geschichte(n), Band 4, 1989.

Eine detaillierte Chronik der Familiengeschichte des Hauses Montfort finden Sie auf der Seite des Förderkreises Heimatkunde Tettnang.

Auf dieser Seite können Sie das prachtvolle Schloss Tettnang bewundern.

Eine umfangreiche Sammlung Münzen des Hauses Montfort kommt am 23. November 2012 zur Auktion bei der Münzen & Medaillen GmbH Deutschland.

Sie finden die Münzen der Auktion online bei Sixbid und bei Numisbids.