Reisetagebuch einer Numismatikerin durch die Türkei (2009) – Teil 6

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22. März 2012 – Ankyra ist jedem bekannt, der sich einmal mit römischer Kaisergeschichte beschäftigt hat. Das Monumentum Ankyranum ist ein großartiger Einblick in die Selbstdarstellung des Kaiser Augustus. Aber das türkische Ankara hat noch wesentlich mehr zu bieten.

28. Juni 2009
Von Caesarea Cappadocia fuhren wir weiter nach Ankara. Wir mussten am Busbahnhof auch gar nicht lange warten. Nach Ankara fährt wohl jeder zweite Bus. Allerdings war er gerammelt voll mit Männern, vermutlich lauter Pendler, die vom Wochenende wieder zur Arbeit in die Hauptstadt fuhren.

Busbahnhof von Ankara, größer als viele Flughäfen. Foto: KW.

In Ankara angekommen, erwartete uns das komplette Chaos. Der Busbahnhof dort stellt jeden Flugplatz in einer x-beliebigen Weltstadt in den Schatten. Auf drei Stockwerken übereinander fahren von mehreren Hundert Gates Busse in die ganze Türkei ab. Jeder Reisende wird von der ganzen Familie begleitet, so dass Hunderttausende von Menschen auf dem Gelände wuselten. Und wir mit unseren Koffern mitten drin. Es war heiß, wir waren müde, es war unübersichtlich, der Mann an der Information sprach selbstverständlich nur Türkisch, aber wie durch ein Wunder fanden wir die Metro, die die Innenstadt von Ankara mit dem Busbahnhof verbindet.

Karte des Hethiterreichs. Quelle: Wikipedia / http://gmt.soest.hawaii.edu.

Ankara liegt mitten in dem Gebiet, das die türkische Propaganda zum Zentrum des Landes machen will, nämlich dort, wo die Hethiter ihr Großreich errichtet hatten. So soll Ankara schon in hethitischer Zeit besiedelt gewesen sein. Unter den Phrygern entwickelte sich an dieser Stelle ein kleines Bergdorf, das bereits Ankyra hieß. Später kamen die Lyder und die Perser. Und Ankyra wurde zu einem Station auf der persischen Königsstraße zwischen Susa und Sardeis.

Drachme, wahrscheinlich der Volcae Tectosages aus dem 1. Jh. v. Chr. Aus Auktion Künker 204 (2012), 50.

Historische Bedeutung gewann Ankyra durch den keltischen Stamm der Tektosagen. Spätestens seit dem 4. Jh. v. Chr., als keltische Truppen Rom einnahmen, zogen immer wieder die Krieger in Richtung Süden, die unruhig und auf Beute aus waren. Sie heuerten als Söldner an, taten sich aber auch zusammen, um auf eigene Faust Raubzüge zu machen, vor allem wenn die Zentralmacht vor Ort mit sich selbst beschäftigt war. Nach den Wirren, die der Tod Alexanders mit sich brachte, war Griechenland ein besonders leichtes Ziel. Und die Diadochen wussten gut, dass die kampfgewohnten Männer ihnen helfen konnten, ihre Macht durchzusetzen.

Die Standbilder der sterbenden Gallier aus Pergamon erinnern an die keltischen Siedler in Galatien. Gipsabguss Ausstellung Berlin 2011. Foto: UK.

Nikomedes I. brachte diese Söldner nach Kleinasien. Ein Großteil von ihnen soll zum Stamm der Tektosagen gehört haben. Sie wurden bei Ankyra angesiedelt und gaben der Region den Namen Galatia.
Auch wenn sich die pergamenischen Herrscher als die großen Sieger über die Gallier feiern ließen, wirklich befriedet wurde die Region erst unter den Römern. Augustus richtete im Jahre 25 v. Chr. hier eine Provinz ein mit Ankyra als Zentrum. Und bereits wenige Jahrzehnte später muss es eine christliche Gemeinde gegeben haben. Schließlich schrieb Paulus seinen berühmten Brief an die Galater.
Nachdem Byzantiner, Araber, Seldschuken, Mongolen und Türken sich um die Stadt gebalgt hatten, sank Angora zu einer osmanischen Provinzstadt ab, deren einziges Produkt von Bedeutung seine Ziegenwolle war. Sollen in römischer Zeit rund 200.000 Bewohner in Ankyra gelebt haben, war diese Zahl Anfang des 20. Jahrhunderts auf etwa 30.000 gesunken.

Porträts Atatürks sind überall zu sehen. Hier ein Beispiel aus Antalya. Foto: UK.

Als im Jahr 1920 griechische Truppen das westliche Anatolien erobert hatten, wählten die türkischen Nationalisten das abgelegene Ankara zum Sitz ihrer provisorischen Nationalregierung. Was als Provisorium begonnen hatte, wurde zu einer festen Einrichtung. Am 13. Oktober 1923 erfolgte der offizielle Akt. Auch wenn das turbulente Istanbul wesentlich größer und dichter bevölkert ist, versteht die Türkei nur, wer ihre Hauptstadt gesehen hat. Übrigens erinnern manche Gebäude hier fatal an deutsche Bauten des Nationalsozialismus. Dies mag mit daran liegen, dass deutsche Städteplaner und Architekten in den 30er Jahren von Atatürk für die Planung der Stadt zu Rate gezogen wurden.

Eingang zum Museum der anatolischen Zivilisationen. Foto: KW.

29. Juni 2009
Wir gehörten zu den ersten, die gleich am morgen um 8.30 das Museum für anatolische Zivilisationen besuchten. Eine gute Entscheidung, so mussten wir uns nicht ständig durch Gruppen kämpfen. Die Exponate waren absolut hochrangig! Das Beste vom Besten aus dem ganzen Land ist hier vor Ort versammelt. Allein die Zusammenstellung von verschiedenen Idolen ist überwältigend. Dazu sind einige Objekte durchaus gekonnt präsentiert, was dem Museum die jährliche Auszeichnung von ICOM für 1997 eingetragen hat (was, wenn man andere Museen kennt, allerdings ein wenig übertrieben scheint).

Idol. Foto: KW.

Am Eingang sind abgenommene Höhlenmalereien der Altsteinzeit zu sehen, die man aus verschiedenen Höhlen bei Ankara und vor allem bei Antalya abgenommen hat. Es folgen die Funde von Catal Hüyük, der wohl ältesten Stadt der Welt. Besonders beeindruckend das Idol mit dem Fettsteiß und den quellenden Fettschichten, das in jedem Buch über das Neolithicum abgebildet wird.

Rekonstruktion eines Hauses von Catal Hüyük. Foto: KW.

Hübsch war auch eine Rekonstruktion eines Hausinneren von Catal Hüyük, die gab es allerdings schon vor 20 Jahren. Es folgten die protohethitischen, die assyrischen (selbstverständlich nur von Handelskolonien, die Assyrer zählen die Türken nicht zu ihren Vorfahren) und die hethitischen Funde.

Keramikgefäß in Form eines Löwinnenkopfes. Foto: UK.

Überall absolute Höhepunkte, sei es die Keramikgefäße in Tierform (ja, die Künstler hatten wirklich noch Löwen gesehen…

Gefäß in Entenform. Foto: KW.

… die Enten sahen aus als würden sie gleich „Quak“ sagen …

Gefäß in Katzenform. Foto: UK.

… und eine kleine Schnurrkatze war so süß, dass man sie hätte streicheln mögen), seien es der Schmuck, die Gussformen für Bronzewerkzeuge, die Keilschrifttäfelchen. Alles nur vom Besten, vor jedem Objekt hätte man in Begeisterungsstürme ausbrechen mögen.

Möbelreste aus dem so genannten Grab des Midas. Foto: KW.

Genauso vor dem sagenhaften Grabensemble des Tumulus von Gordion, den die Türken den Phrygern zuschreiben und in dessen Bestattung sie den alten König Midas entdecken wollen. Auch wenn ich ihnen das nicht glaube (aber ich bin ja ein Ketzer, ich glaube ja auch nicht, dass Philipp II. in den berühmten Königsgräbern von Vergina bestattet ist), war die Ausstattung prächtig. Besonders die hervorragenden Möbel aus Holz von feinster Verarbeitung zeugten von der Kunstfertigkeit der Handwerker. Zeitlich gesehen muss die Bestattung am Beginn der Archaik liegen, jedenfalls erinnerten mich die figürlichen Darstellungen sehr an die griechische Archaik. Ein letzter Saal war noch Urartu gewidmet, das geographisch und zeitlich ein wenig abseits liegt.

Monumentalstatue aus Karkemisch. Foto: KW.

Im Hauptsaal des Museums waren die Reliefs von Karkemisch untergebracht. Heute liegt diese Grabungsstätte im türkisch-syrischen Grenzbereich und ist vollständig vermint, so dass sich ein Besuch nicht empfiehlt. Die Reliefs hat man nach Ankara verbracht und so geben sie einen hervorragenden Eindruck von der Nachblüte der hethitischen Kultur.
Mitten in diesem Saal stießen wir wieder mal auf die Kulturgüterschutzdebatte (ich kann’s nicht mehr hören). In Zürich war 1998 auf dem Flughafen Kloten ein Paket mit Münzen angehalten worden, deren Herkunftsort die Türkei sein könnte – man prozessierte und gab die Münzen von „unschätzbarem“ Wert zurück. Nun lagen sie in verschiedenen Haufen in der Vitrine, wobei sich der „unschätzbare“ Wert der rund 3-400 Objekte überschlagsmäßig auf unter 20.000 Euro summierte. Das geringste Objekt der benachbarten Säle war ein Mehrfaches dessen wert, was nun hier als „gerettetes türkisches Nationalerbe“ bezeichnet wurde. Lustigerweise waren darunter vor allem Tetradrachmen des armenischen Königs Tigranes II., den die Türken nun sicher nicht als ihren Vorfahren verbuchen wollen, dazu ein Haufen Seleukiden, ein paar Prägungen römischer Kolonien, zwei, drei byzantinische Münzen und vielleicht vier osmanische Dirhems. Alles nationales Erbe, einwandfrei.

Statue des Gottes Glykon – um seine lustige Geschichte zu lesen, klicken Sie Eichenkrone vor dem Sarkophag Atatürks. Foto: KW.<" target="_blank">hier. Foto: KW.

Inzwischen hatte sich das Museum mit Touristengruppen gefüllt. Wirklich interessant, wie viele Japaner an diesem Tag das Museum für Anatolische Kultur in Ankara heimsuchten. Ich hoffe sehr, dass ich mich nie so dämlich aufführe angesichts fremder Kulturen. Besonders eine Gruppe von mittelalterlichen Damen schien gerade der Pubertät entwachsen. Im römischen Saal mit der Statue eines nackten Dionysos flippten sie fast aus – als hätten sie noch nie einen nackten Mann gesehen. Kurt wurde immer unruhiger, genervter und meinte irgendwann: „Da möchte man doch ganz laut Ruhe brüllen.“ Ich drehte mich ruhig um und brüllte „Ruhe!“ Die Wirkung war gewaltig. Es herrschte tatsächlich Ruhe, erst langsam stieg der Geräuschpegel wieder, erreichte aber nicht mehr das Niveau von vorher.

Ein Blick auf die byzantinische Befestigungsmauer der Altstadt. Foto: KW.

Wir verbrachten den ganzen Vormittag im Museum, mittags speisten wir hoch über der Stadt auf der Burg in einem Restaurant mit dem merkwürdigen Namen „Washington“. Die Aussicht war prächtig. Man sah auf die Befestigungsmauern, die die lustigsten Spolien enthielten. Mein schlaues Buch schreibt, dass einige Teile der Mauern vielleicht noch auf die Galater zurückgehen, jedenfalls haben die Byzantiner prächtig weitergemauert und zur Arbeitserleichterung alles mit einbezogen, was sie entlang der römischen Straßen entdeckten.

Der Augustustempel. Foto: UK.

Am Nachmittag zogen wir los, um den Augustustempel zu finden, wo wohl die berühmteste römische Inschrift niedergeschrieben wurde, das Monumentum Ancyranum.
Es war gar nicht so einfach, den Tempel in all dem Gewusel mit Basar, Dolmuschs, Läden, Menschen, Autos, Geschrei und Gececondu-Ruinen zu finden. Gececondu heißt „über Nacht gebaut“, und diese Buden – meist aus Sperrholz und Wellblech – ziehen ihr Recht aus einem Islamischen Gesetz, das es verbietet, Menschen aus ihrer Bleibe zu vertreiben, die sie sich über Nacht gebaut haben. In Ankara, Istanbul und in vielen anderen türkischen Städten leben viele in solchen Slums, die sich zum Teil tüchtig mausern. Denn sie behausen viele kinderreiche Familien, die ein interessantes Wählerpotential darstellen. Irgendwann im Abstand von einigen Jahren werden die alten Gececondu-Siedlungen wieder einmal legalisiert, Wasserversorgung dorthin gelegt, eine Moschee gebaut (vielleicht sogar eine Schule) und schon hat Ankara ein neues Stadtviertel.

Von weitem kann man einen Blick auf die berühmte Inschrift werfen. Foto: KW.

Ich konnte mich von meinem Besuch vor 20 Jahren noch erinnern, dass der Augustustempel neben dem Heiligtum des Hadschi Beyram lag. Und tatsächlich, das Heiligtum ließ sich finden. Unauffällig im Schatten der Moschee stand, völlig von Gittern umgeben, fest verschlossen und nicht zu betreten, der Augustustempel mit seiner berühmten Inschrift. Der Tempel war in byzantinischer Zeit in eine Kirche verwandelt worden, und so hatten große Teile des Rechenschaftsberichts des Augustus überlebt, und zwar in zwei Sprachen, Lateinisch und Griechisch. Aus anderen Fragmenten dieser Inschrift, die man an anderen Augustustempeln im ganzen Imperium gefunden hat, konnte man sie praktisch vollständig ergänzen. So stellt sie eines der bedeutendsten Selbstzeugnisse eines römischen Kaisers dar.

Wir schlichen um den Tempel herum, um irgendwo hineinzukommen. Keine Chance. Die Römer sind hier in Ankyra nicht allzu wichtig (nicht umsonst sind sie im Museum in den tiefsten Keller verbannt). Und kein Türke kann verstehen, warum sich Touristen für den alten Tempel interessieren! Natürlich fragten wir, wie man reinkäme. Kein Problem, sagte eine Aufsicht. Er würde bei der Polizei fragen. Er fragte und kehrte zurück, um uns stolz zu erzählen, das sei eine alte Kirche, ganz alt, mindestens 200 Jahre. Wir hielten entgegen, dass wir das schon wussten, aber wie wir rein könnten! Keine Ahnung, da käme man nicht rein.

Die Säule des Iulian Apostata. Foto: UK.

Wir gaben auf und beschlossen, die Säule des Iulian Apostata zu suchen. Es wurde etwas kompliziert. Irgendwie in meinem tiefen Inneren kam mir eine Verbindung Säule – ganz viele Autos. Tatsächlich standen unter dem Hadschi Bayram Heiligtum, das eine gewaltige Treppenanlage mit dem Busbahnhof verband, eine ungeheure Menge von Dolmuschs. Wir liefen also um den Busbahnhof herum, sahen in diese und jene Ecke, liefen ein paar Straßen weiter und wollten schon aufgeben, als wir plötzlich vor der Säule standen. Sie befand sich tatsächlich nur wenige Meter vom Busbahnhof entfernt in einer neuen Anlage. Vermutlich war sie früher mitten im Busbahnhof gewesen, weshalb ich im Geist Säule und Autos verband.

Unser Hotel in Ankara. Foto: KW.

30. Juni 2009
Heute morgen wachte ich gut gelaunt auf. Es ist doch einfach schön, in einer angenehmen Umgebung zu sein. Unser Hotel ist geschmackvoll im türkischen Stil eingerichtet. Und eine Klimaanlage braucht es nicht. Die Wände sind dick, die Räume hoch, die Temperatur äußerst angenehm. Auch das Frühstück war erfreulich. Eine winzige Auswahl, aber was angeboten war vom Feinsten und appetitlich angerichtet. Für jeden Gast wurde ein Körbchen mit Brot frisch aufgeschnitten. Es gab hervorragende grüne und schwarze Oliven, Schafskäse, normalen Käse, Wurst (vielleicht versuche ich die sogar irgendwann), zwei Sorten Marmelade und natürlich türkischen Tee. Im Hintergrund lief eine dezente klassische Musik, der Innenhof war luftig und man hätte noch viel länger dort sitzen und schwatzen mögen, so wohl fühlten wir uns.

Grabmal des Atatürk. Foto: UK.

Ziel unsers heutigen Ausflugs war das Atatürk-Grabmal. Ich hatte es schon gesehen und Kurt interessierte sich nicht sonderlich dafür, aber allzu viele andere Sehenswürdigkeiten hat Ankara nicht zur Auswahl. Wir liefen also quer durch die Stadt, um nach einer guten Stunde bei Atatürk anzukommen. Es ist ein gewaltiger, sehr bedrückender Bau, darum herum ein prachtvoll gepflegter Garten. Mittlerweile gibt es dazu ein Atatürk-Museum, ein Museum der Befreiungskriege, ein kleines Kino, seit neuestem zwei Cafés und einen großen Souvenirshop.

Andächtige vor dem Grabmal Atatürks. Foto: KW.

Ich erinnere mich gut, dass mir schon vor 20 Jahren der Personenkult, der hier betrieben wird, Probleme machte. Ich muss zwar gestehen, dass ich Atatürk als Reformer bewundern kann, aber mit der Vergöttlichung, die hier praktiziert wird, mag ich mich nicht anfreunden. Es ist klar, dass das türkische Heer, das eine ganz entscheidende Rolle in Gesellschaft und Politik spielt, ein Interesse hat an der Pflege des Atatürkkultes. Schließlich sehen sich die Generäle als die Hüter seines Erbes, das sie vor allen Islamisten, Kurden und Nicht-Türken bewahren müssen. Atatürk und seine Leistungen sind ihre Legitimation. Und wahrscheinlich würde sich der gute „Türkenätti“ (schweizerdeutsch etwa für Türkenopa, von Kurt geprägter Begriff) gar nicht dagegen wehren. Schließlich war es ihm um eine Modernisierung und Verwestlichung der Türkei mit allen Mitteln zu tun, und zu diesem Zweck benutzte er hemmungslos seinen Ruhm als Kriegsheld, um die Reformen gegen alle Widerstände durchzuführen.

Eichenkrone vor dem Sarkophag Atatürks. Foto: KW.

Erster Anlaufspunkt für Besucher ist das Kino, wo ein Film über Atatürk läuft – es ist einfach schaurig, wie die klugen, blauen Augen des verehrungswürdigen Genies immer wieder bemüht werden, um auf die Jugend zu schauen, der er das Schicksal der Türkei anvertraut. Dann geht es zum Mausoleum. Ganz vorne steht der porphyrne Sarkophag und liegt die Eichenkrone, seit der römischen Zeit das Symbol für den Retter der Bürger. Ich habe hier sogar tief verschleierte Frauen beten sehen! Dann geht es weiter zum Atatürkmuseum. Dort sind nicht nur seine Ehrenwaffen und Spazierstöcke zu sehen, sondern auch persönliche Besitztümer wie ein Notizblock und – man möchte es kaum glauben – eine kleine Münzsammlung, die allerdings nicht von besonderem Qualitätsempfinden zeugt. Aber immerhin, in Zukunft werde ich mit dieser Münzsammlung argumentieren! In einem Saal, der beherrscht wird von einer eleganten Wachsfigur Atatürks, liegen dann Teile seiner Garderobe, darunter ein Frack, eine Uniform und ein besonders eleganter weißer Schlafanzug mit grünen Borten.
Ganz neu hat man ein Museum der türkischen Befreiungskriege eingerichtet, in dem neben drei Panoramen von den entscheidenden Schlachten das Leben, der Kampf und die Reformen Atatürks genau beschrieben sind – alles in Türkisch und Englisch, ein wenig einseitig, aber trotzdem ganz ordentlich. Die Führungslinie leitet einen direkt zum Souvenirshop, dessen Produkte eindeutig von irgendeiner Seite bezuschusst sein müssen – ein Din A3 Kalender mit Bildern aus dem Leben Atatürks kostete 2 Lira, nicht ganz ein Euro. Auch das Café hatte Preise, als sei man auf dem Dorf und nicht in der Hauptattraktion der türkischen Hauptstadt.

Wir beschlossen, zu Fuß zum Lunapark zu gehen, einem Vergnügungspark im Zentrum der Stadt. Ich hoffte, dort am Wasser einen angenehm schattigen Ort zu finden, wo man etwas trinken und die Leute betrachten könnte. Es war ein langer, heißer Marsch, bis wir den Eingang des Parks gefunden hatten. Und dort erwartete uns wieder die typisch türkische Variante. Er war geschlossen, einfach so. Vor dem Tor standen Menschen, immer mal wieder fragte einer, bekam eine Auskunft, ging. Warum der Park zu war, keine Ahnung. Niemand regte sich auf, obwohl mancher vermutlich quer durch die ganze Stadt gefahren waren, nur um festzustellen, nein, heute nicht. Für einen Westeuropäer ziemlich schwer verständlich.

Wie auch immer. Damit beschlossen wir, Ankara zu verlassen und nach Istanbul zu fahren. Begleiten Sie uns in der nächsten Folge auf unserem Weg durch den großen Basar, zur Theodosianischen Landmauer, in die Hagia Sophia und das archäologische Museum.

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