Ein Rückblick auf den numismatischen Sommer in Wien

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von Ioanna Georgiou und Selina Thomann

13. Dezember 2018 – Zum mittlerweile neunten Mal lud das Institut für Numismatik der Universität Wien, unterstützt durch weitere im In- und Ausland tätige Fachkräfte, bei höchst sommerlichen Temperaturen den wissenschaftlichen Nachwuchs zum zweiwöchigen Sommerseminar ein. Den auswärtigen Studierenden bot sich eine breite Mischung aus Theorie und Praxis. Hierbei wurden nicht nur die Grundlagen des Faches erläutert, auch die Vielfalt des Faches wurde deutlich.

Die Teilnehmer und Organisatoren des Sommerseminars 2018 des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien.

Das Programm des Sommerseminars eröffnete Wolfgang Szaivert (Universität Wien) mit einem Überblick über Wesen und Umfang der Numismatik, der von ihr untersuchten Objekte, ihres geographischen und chronologischen Umfangs und ihrer Etablierung als eigenes Wissenschaftsfach. Anhand zahlreicher Beispiele führte Wolfgang Fischer-Bossert (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Kulturgeschichte der Antike) im Anschluss in die griechische antike Welt ein und erörterte jene Merkmale, die für die Bestimmung der Münzen ausschlaggebend sein können. In einem Abendvortrag gewährte Fischer-Bossert zudem einen Einblick in seine bisherigen Erfahrungen und Begegnungen mit modernen Fälschungen und erklärte, wie man diese erkennt. Der Münzprägung und dem Münzwesen der römischen Republik und Kaiserzeit widmete sich am zweiten Tag Klaus Vondrovec (Kunsthistorisches Museum Wien, Münzkabinett). Hier stand vor allem das komplexe Nominalsystem der Römer im Vordergrund.

Mit Nikolaus Schindel (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Kulturgeschichte der Antike) betraten die Studierenden den Raum der orientalischen Numismatik. Der unter den Umayyaden vollzogene Wechsel zur primär bilderlosen Münze mit islamischer Legende bildete einen spannenden Kontrast zu den bilderreichen Münzen der Antike. Schindel gelang es in einer Bestimmungsübung, die Hemmungen vor der für die Meisten unbekannten Schrift zu senken, sodass mit etwas Übung und Anleitung auch die Prägestätten einiger Münzen eruiert werden konnten.

Mit den Merowingern beginnend durchschritt Hubert Emmerig (Universität Wien) den Zeitraum des Mittelalters bis zur heutigen Zeit und den jüngsten Währungen. Er veranschaulichte die zunehmende regionale Vielfalt der mittelalterlichen Münzprägung und zeigte anhand der teilweise bis in die Neuzeit andauernden Zersplitterung des Münzwesens einmal mehr, dass der genaue Blick auf Details unumgänglich ist. Mit der in Italien zur Zeit der Renaissance auftretenden Medaillenkunst und der Medaillenkunde beschäftigte sich Anna Fabiankowitsch (Kunsthistorisches Museum Wien). Im Anschluss an eine Einführung in Herstellungstechniken und Gattungen der Medaillen erarbeiteten die Teilnehmenden mithilfe schriftlicher Quellen die Hintergründe einer Medaillenprägung Maria Theresias.

Nachdem in der ersten Woche die Grundlagen geschaffen worden waren, konnten die bereits erworbenen Kenntnisse in der zweiten Woche durch vertiefende Seminare erweitert werden. Dass es sich durchaus lohnt, nicht nur auf die Münze selbst, sondern auch auf weitere Quellen zu achten, zeigte Mareike Tonisch (Universität Wien) mittels der Epigraphik. Inschriften, insbesondere auf Grabsteinen, können dazu beitragen, den Wert des Geldes und etwaige Preisschwankungen in einer bestimmten Region oder zu einem bestimmten Zeitpunkt nachvollziehen.

Emmerig widmete sich den genauen Abläufen im Münzbetrieb und der Münztechnik des Mittelalters und der Neuzeit und rückte zudem die Münzpolitik und -verwaltung des spätmittelalterlichen Bayerns in den Mittelpunkt. Anhand unterschiedlicher schriftlicher Zeugnisse setzten sich die Studierenden mit der Politik und dem alltäglichen Umgang mit Geld im Spätmittelalter und der Neuzeit auseinander. Mit der Frage nach dem korrekten Umgang mit Münzfunden und Fundmünzen und deren Erkenntniswert beschäftigte sich, vor allem am Beispiel von Vindonissa, Rahel C. Ackerman (IFS – Inventar der Fundmünzen der Schweiz, Bern). Dank ihrer Tätigkeit am IFS konnte sie das Sommerseminar an der realen Arbeit mit diesen Quellen teilhaben lassen.

Die in den jeweiligen Sitzungen erworbenen Kenntnisse konnten immer wieder praktisch angewandt und somit getestet werden. Auch die Arbeit an Originalen, an denen primär die Münzbestimmung geübt werden konnte, kam nicht zu kurz.

Mehrere Exkursionen begleiteten das Sommerseminar und boten einen Blick hinter die Kulissen der musealen Arbeit, der Münzsammlungen und des Münzbetriebs. Ein kleines Highlight bildete dabei zweifelsfrei der Besuch der Münze Österreichs. Dabei durften die Teilnehmenden den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei der Verarbeitung von Edelmetallen, der Herstellung von Medaillen und der heutigen Münzprägung über die Schulter schauen und sogar einen echten Goldbarren in den Händen halten. Genauso spannend gestalteten sich aber auch die Führung durch die Kaiserliche Schatzkammer mit Betrachtung der dort aufbewahrten Orden durch Mario Strigl (Archiv der Österreichischen Militärhistorie, Wien), die Einführung in das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums durch Klaus Vondrovec und die ganztägige Exkursion nach Graz in das Münzkabinett und Archäologiemuseum des Universalmuseums Joanneum auf Schloss Eggenberg, wo Karl Peitler (Leiter Abteilung Archäologie und Münzkabinett) auf die Aufgaben des regionalen Münzkabinetts einging. Da der Besucher meist nur das fertige Produkt, die Ausstellung, zu sehen bekommt, jedoch in der Regel nur wenig über den Prozess bis zum Produkt weiß und nur selten die Bedingungen der musealen Arbeit oder deren Umstände kennt, waren die einzelnen Führungen äußerst informativ. Bevor es für die einzelnen Studierenden wieder nach Hause ging, konnte bei einem gemütlichen Abend beim Heurigen noch einmal über die vergangenen zwei Wochen resümiert werden.

Den Organisatoren, namentlich Hubert Emmerig, Reinhard Wolters, Simone Killen, Martin Baer, Elke List, Wolfgang Szaivert und Elmar Fröschl sei herzlich für die Unterstützung jeglicher Art und die besondere Gastfreundschaft in den Räumlichkeiten des Instituts im Namen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer gedankt. Ein besonderer Dank gilt außerdem allen Referenten und Mitwirkenden für ihr Engagement und den Förderern des Sommerseminars, namentlich der Münzenhandlung Fritz Rudolf Künker, der Münze Österreich AG sowie der International Association of Professional Numismatics.

Weitere Informationen über das Sommerseminar des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien finden Sie auf der offiziellen Internetseite.