nackt! Die Kunst der Blöße

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7. Februar 2019 – Bilder von nackten Menschen, Göttern und Helden sind in den antiken Kulturen omnipräsent. Auch in der neueren Kunstgeschichte stellt der künstlerische Akt die vielleicht wichtigste Konstante dar. Doch gerade in jüngster Zeit, als Folge der im vergangenen Jahr angestossenen MeToo-Debatte, werden zügellose Darstellungen vermehrt kritisiert und zensuriert. Selbst historische Kunstwerke werden neu beurteilt. So geschah es bereits, dass Museumsverantwortliche freiwillig Gemälde mit Nacktdarstellungen abhängten bzw. unbekleidete antike Statuen abdeckten. Diese vorerst noch raren Aktionen haben – genau wie das Zensurieren künstlerischer Akte in den sozialen Medien – zu hitzigen Sexismus-Debatten geführt. Der kompliziert gewordene Umgang mit der Nacktheit brachte das Basler Antikenmuseum auf die Idee, eine Ausstellung über Nacktheit in der antiken Kunst zu konzipieren und dabei die ebenso simple wie selten gestellte Frage zu beantworten: Warum sind die antiken Bildwerke denn so oft nackt?

Nacktheit ist in der antiken Bildsprache oft mit religiösen Handlungen verbunden wie hier auf dieser Tetradrachme aus Selinunt (Hochklassik, Gewicht: 17.35 g; Durchmesser: 28.4 mm, Silber). Der jugendliche Flussgott Selinos opfert aus einer Schale mit einem Lorbeerzweig in der Hand. © Antikenmuseum Basel.

Nacktheit in der Antike

Die antiken Künstler und Auftraggeber verbanden mit der Darstellung nackter Körper unterschiedliche Bedeutungsebenen wie Unsterblichkeit, religiöse Unantastbarkeit, oder natürliche Ursprünglichkeit. Die Nacktdarstellungen der frühen Kulturen des Orients und Griechenlands stellen überwiegend weibliche Natur- und Fruchtbarkeitsgöttinnen mit entsprechend überproportionierten Busen, Bauch und Beckenbereich dar. Im archaischen und klassischen Griechenland dominiert hingegen der männliche Akt.

Oftmals werden Götter per se nackt gezeigt, wie hier Apollo auf einem Nomos aus Bruttium (Mzst. Kaulonia), spätarchaisch (Gewicht: 7.47 g; Durchmesser: 29.3 mm, Silber). © Antikenmuseum Basel.

Der nackte, wohlproportionierte Männerkörper ist das Sinnbild für den zivilisierten Mann, den Heros und den Gott. Der Frauenkörper hingegen bleibt in der klassischen Kunst wegen seiner stärkeren Sexualisierung lange Zeit verhüllt. Nacktdarstellungen von sterblichen Frauen finden sich daher nur auf explizit erotischen Bildern oder sie werden durch Kontext und Handlung „legitimiert“, wie etwa bei den beliebten Darstellungen von Badenden.
Entblösste Körper finden sich aber auch in völlig anders gelagerten, negativ konnotierten Kontexten: Sowohl in Ägypten und im Vorderen Orient, wie auch später in Griechenland und Rom werden Randgruppen der Gesellschaft wie Sklaven oder Arme sowie Gefangene und Feinde in Bildern durch Nacktheit blossgestellt. Diese unterstreicht hier die Hilf- und Schutzlosigkeit der Opfer sowie ihr unerbittliches Schicksal.

Einblick in die Ausstellung. © Ruedi Habegger, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig.

Nacktheit hat in der antiken Bildkunst also vielfältige und zum Teil voneinander divergierende Gründe, die mal religiös, mal gesellschaftspolitisch bedingt sind. Je nach Bildkontext und Zeitstellung deutet die Entblössung mal Unverletzlichkeit mal Schutzlosigkeit – mal Natürlichkeit, mal Sittenlosigkeit an. Die Ausstellung leuchtet mit rund 120 aus den eigenen Beständen ausgewählten Objekten all diese Facetten aus und eröffnet – mit in verschiedene Kulturräume übergreifenden Themenbereichen – erhellende Einblicke in die „Kunst der Blösse“.

Und hier noch ein paar Impressionen und Exponate, die in der Ausstellung zu sehen sind:

Einblick in die Ausstellung. © Ruedi Habegger, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig.

Einblick in die Ausstellung. © Ruedi Habegger, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig.

Einblick in die Ausstellung. © Ruedi Habegger, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig.

Trinkgefäss mit Erosfiguren. Griechenland (Attika), um 470 v. Chr. (Kä 426). © Ruedi Habegger, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig.

Tonfigur einer sog. Baube. Ägypten, römisch, ca. 2 Jh. n. Chr. (BSAe III 05410). © Ruedi Habegger, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig.

Grinsender Tanzzwerg aus Speckstein. Ägypten, 12. Dynastie, frühes 2. Jt. v. Chr. (Leihgabe). © Ruedi Habegger, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig.

Die Ausstellung ist in Basel noch bis 28. April 2019 zu sehen. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Website des Antikenmuseum Basel.

Wenn Sie sich für Bildmotive auf (antiken) Münzen interessieren, schauen Sie doch mal in unsere Reihe Menschengesichter.