Joachim II. und sein jüdischer Hoffaktor

Joachim II. führte am 1. November 1539 die Reformation im Kurfürstentum Brandenburg ein. Seinen Zeitgenossen war allerdings etwas anderes wichtiger: Joachim war berüchtigt für seine kostspielige Lebensführung und den hohen Schuldenberg, den er im Verlauf seiner 36 Herrschaftsjahre anhäufte. 

Joachim II. Hektor. Gemälde des Lucas Cranach der Ältere um 1550.

Man muss sich nur das Porträt Joachims II. ansehen, das Lucas Cranach um 1550 von ihm gemalt hat. Der Kurfürst von Brandenburg tritt prächtig auf. Gleich zwei schwere goldene Ketten trägt er über dem golddurchwirkten Gewand, dessen Ärmel aus teurem Brokat bestehen. Darüber hat er einen wertvollen Pelz geworfen, der durch eine hohe Pelzmütze ergänzt wird, auf der ein kostbares Schmuckstück prangt. An fast jedem Finger glänzt ein Ring. Kurz, jeder Zoll dieses Fürsten verkündet seine Liebe zu Pracht und Prunk.
Nur zu dumm, dass die Einkünfte aus dem Kurfürstentum Brandenburg nicht mit den Ansprüchen seines Herrschers mithalten konnten. Das Land war dünn besiedelt. Die Städte besaßen Potential, aber es fehlte an Kapital und wagemutigen Händlern. Vielleicht war das der Grund, warum Joachim II. – übrigens noch vor seinem Übertritt zur Reformation –, am 25. Juni 1539, den Juden die Ansiedlung in der Mark Brandenburg wieder erlaubte.

Joachim II. Taler 1541, Berlin. Äußerst selten. Sehr schön. Taxe: 20.000 Euro. Aus Auktion Künker 300 (2018), Nr. 9.

Dies war notwendig, denn bereits 1540 drückten die Schulden Joachim II. derart, dass er zu außergewöhnlichen Maßnahmen greifen musste. Er berief die Ständeversammlung ein, drohte mit Staatsbankrott, und um den zu verhindern, streckten ihm seine Untertanen das Geld vor, das er zur Deckung der Schulden benötigte. Als Gegenleistung erhielten sie das Recht, die kurfürstlichen Verbrauchs- und Grundsteuern selbst einzuziehen, bis das geliehene Geld mit Zins und Zinseszins abgegolten war. Was nie geschah. Das „Landschaftliche Kreditwerk“, wie diese neue Behörde hieß, existierte bis 1820 und fungierte viele Jahrhunderte lang als Bürge für eventuelle Schulden, die ein Landesfürst machte.
Kein Wunder, dass die Taler aus dieser Zeit so selten sind und die Goldgulden aus schlechtem Gold hergestellt wurden. Edelmetall war Mangelware in diesen Jahren.

Joachim II. Dukat 1560, Berlin. Einziges bekanntes Stück in Privatbesitz. Fast vorzüglich. Taxe: 60.000 Euro. Aus Auktion Künker 300 (2018), Nr. 8.

Das änderte sich erst, als Joachim II. im Jahr 1556 Lipman ben Juda zum Schatullenverwalter, Vorstand der kurfürstlichen Münzstätte und Obmann der Juden in der Mark Brandenburg ernannte. In dieser Funktion musste Lipman dafür sorgen, dass sein Herr über ausreichende Mittel verfügte, um seinen aufwändigen Lebenswandel zu finanzieren. Keine leichte Aufgabe, doch mit etlichen Zwangsmaßnahmen gelang es.
Lipman überwachte den Geldwechsel. Er brachte reiche Erträge, da der Nennwert der brandenburgischen Münzen im Inland weit über ihrem intrinsischen Wert fixiert wurde. Der private Besitz und der Export von Gold- und Silber wurde verboten, so dass jeder Kaufmann auf die schlechten Münzen angewiesen war. Das bedeutete, dass jeder, der in Brandenburg Handel trieb, einen großen Teil seines Gewinns durch den Zwangskurs verlor.
Das Silber für die Münzstätte lieferte die jüdische Gemeinde, die gezwungen wurde, im Ausland Silber zu kaufen und dies zu einem festgesetzten Preis, der unter dem Einkauf lag, abzugeben.
Ob Lipman persönlichen Nutzen aus seiner Situation gezogen hat? Wir wissen es nicht. Zu emotional sind die historischen Quellen, die ihn verdammen oder in Schutz nehmen. Jedenfalls soll er seinerseits berüchtigt gewesen sein für seine Kreditgeschäfte und seine hohen Zinsen, die bis zu 54 % per anno betragen konnten.

Joachim II. Portugalöser zu 10 Dukaten 1570, Berlin. Sehr schön. Taxe: 200.000 Euro. Aus Auktion Künker 300 (2018), Nr. 7.

Kurz vor Joachims Tod entstanden die ersten brandenburgischen Portugalöser zu 10 Dukaten. Durch einen Zufall wissen wir, woher das Gold dafür stammt. Joachim II. soll seinem Münzmeister Lipman eine schwere goldene Kette übergeben habe, um diese einschmelzen zu lassen und die Portugalöser daraus zu prägen. Es ist überliefert, dass er am Abend vor seinem Tod jedem Gast auf Schloss Köpenick eines der wertvollen Stücke schenkte.
Sie sollten die Anwesenden vom Reichtum des Kurfürsten überzeugen. Doch mit dem war es nicht weit her. Joachim hinterließ seinem Sohn Johann Georg einen Schuldenberg von 4,7 Millionen (Rechnungs-)Gulden. 

Johann Georg. Gemälde des Lucas Cranach des Jüngeren von 1564.

Natürlich machte der nicht seinen Vater dafür verantwortlich, sondern dessen Hoffaktor und die jüdischen Gemeinde. Johann Georg ließ Lipmans Besitz durchsuchen, alle Wertgegenstände sicherstellen, und er unternahm nichts, als die Berliner plündernd und brennend durch das jüdische Viertel zogen.

Es kam zum Prozess. Die Bücher Lipmans wurden geprüft, und das Gericht sprach den Hoffaktor von dem Vorwurf der Unterschlagung von kurfürstlichem Besitz frei. Im Gegenteil: Joachim II. stehe bei Lipman noch mit 89 Talern und 5 Silbergroschen in der Kreide. Nicht dass das Lipman ben Juda etwas genutzt hätte.

Nun wurde er wegen Zauberei angeklagt, und man beschuldigte ihn, den Kurfürsten ermordet zu haben. Auf der Folter gestand Lipman wessen auch immer man ihn beschuldigte. Eine entscheidende Rolle spielte die goldene Kette im Verhör, aus der die Portugalöser geprägt worden waren. Lipman gab zu, sie dem Kurfürsten gestohlen zu haben. Ferner gestand er, einen schwarzen Hahn in der Münzstätte vergraben zu haben, um auf teuflische Weise zu verhindern, dass irgendein Münzmeister nach ihm Gewinn aus der Münzstätte ziehen könne.

Noch am Tag seiner Hinrichtung, dem 28. Januar 1573, widerrief Lipman ben Juda sein Geständnis. Trotzdem wurde er gerädert und gevierteilt. 

Johann Georg. Dukat 1590, Berlin. Äußerst selten. Vorzüglich. Taxe: 25.000 Euro. Aus Auktion Künker 300 (2018), Nr. 12.

Johann Georg wies wieder einmal die Juden aus. Er ging in die Geschichte ein als Oeconomus, der gut Wirtschaftende.

Die hier vorgestellten Stücke werden angeboten in Künkers Berlin-Auktionen 2018. Die Auktionskataloge finden Sie online hier.