Postumus – Der Schöpfer des Gallischen Sonderreichs

Es muss auf die Bewohner des römischen Reiches wie der Beginn der Apokalypse gewirkt haben: Eine Gruppe von Alamannen zog plündernd und mordend bis Mailand, wo es Gallienus endlich gelang, sie zurückzuschlagen. Zeitgleich fielen die Iuthungen in Italien ein. Sie schleppten Tausende von gefangenen Römern mit sich, als ihre Truppen bei Augsburg aufgerieben wurden. Die Franken marodierten in Gallien. Den Osten verheerten die Sasaniden. Selbst der Kaiser war hilflos: Valerian geriet im Kampf gegen die Sasandien in Gefangenschaft, und Gallien verfügte nicht über die notwendigen Ressourcen, um ihn zu befreien.

Antoninian, Köln, 263. Rv. HERC DEVS-ONIENSI Giebeltempel, darin Hercules. Aus der kommenden Auktion Jacquier 42 (16.9.16), Nr. 531. Fast vorzüglich. Taxe: 200 Euro.

Auch am Rhein fürchteten sich die Menschen. Zwar hatte ihnen Gallienus seinen Sohn Saloninus geschickt, doch der war jung, musste von einem Berater begleitet werden. Und als es nach einem Sieg über die Germanen zum Streit kam zwischen dem Aufpasser aus Rom und dem Kommandanten der siegreichen Truppe, Marcus Cassianius Latinius Postumus, rief die Truppe lieber gleich Postumus zum neuen Kaiser aus. Vielleicht geschah das in Deuso, denn den Hercules Deusoniensis kennt die Numismatik nur von Prägungen des Postumus. Deshalb nehmen einige Wissenschaftler an, dass Postumus dort den entscheidenden Sieg über die Germanen errungen hatte und zum Kaiser ausgerufen wurde.

Denar (Billon-Abschlag vom Aureusstempel), Köln, Herbst 261. Rv. VICTORIA AVG Victoria in Biga n. r. fahrend. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), Nr. 509. Vorzüglich. Taxe: 8.000 Euro.

Antoninian, unbestimmte Münzstätte, 263. Rv. VICTORIA POSTVMI AVG Roma n. r. sitzend, auf der ausgestreckten Rechten Victoria. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), Nr. 526. Sehr schön. Taxe: 4.500 Euro.

Überall im Reich wurden damals Gegenkaiser aufgestellt. Den Soldaten ging es um die Nähe des Herrschers, die ihnen dessen besondere Aufmerksamkeit sicherte. Das bedeutete Geldgeschenke für die lokalen Truppen und Schutz für die Zivilbevölkerung. Und natürlich suchte man einen Herrscher, dem die Götter wohl gesonnen waren, und dies durch einen Sieg gezeigt hatten. Deshalb ist es für Postumus so wichtig, auf seinen Münzen seine Sieghaftigkeit zu betonen.

Antoninian, Köln, 263. Rv. VICTORI-A GERMANICA Victoria n. r. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), Nr. 533. Vorzüglich. Taxe: 1.500 Euro.

Der Sieg über die Germanen, der der Kaisererhebung des Postumus vorangegangen war, erfuhr dabei eine besondere Würdigung.

Doppelsesterz, Köln, 261. Rv. HERCVLI MAGVSANO Hercules n. r. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), Nr. 657. Sehr schön. Taxe: 350 Euro.

Postumus wurde relativ schnell in Germanien, Gallien, Raetien, Hispanien und Britannien anerkannt. So konnte er sich auf die Sicherung der Rheingrenze konzentrieren. Prägungen mit dem Bild des Hercules Magusanus, dessen Kult am Niederrhein weit verbreitet war, dürften darauf hinweisen. Vielleicht war Xanten in den Jahren 260/1 gefährdet und wurde vom Kaiser persönlich verteidigt.

Antoninian, Köln, 261. Rv. LAETITIA AVG Galeere n. l. fahrend. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 512. Fast vorzüglich. Taxe: 100 Euro.

Zur Verteidigung ließ Postumus eine schlagkräftige Rheinflotte aufbauen, was man aus Münzen wie dieser schließen will. Darauf ist nämlich ein ganz neuer Schiffstyp abgebildet.

Nachahmung der Prägungen des Postumus. Antoninian, Mzst. II(?). Rv. HERC – PACIFERO. Hercules n. l. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 822. Vorzüglich / Fast vorzüglich. Taxe: 50 Euro.

Wer sich mit Münzen des Postumus beschäftigt, wird schnell merken, dass Hercules das Lieblingsthema des Kaisers ist und besonders häufig im Münzbild erscheint.

Quinar, Köln, 266. Büste des Postumus und Kopf des Hercules, beide n. r. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 562. Fast vorzüglich. Taxe: 3.000 Euro.

Wir finden Prägungen, die völlig aus dem normalen Bildschema herausfallen, so zum Beispiel, wenn Hercules den Kaiser auf der Vorderseite begleitet.

Medaillon, Köln, Ende 267 / Anfang 268. Rv. HERCVLI IN-VICTO Hercules n. r., den kretischen Stier bändigend. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 571. Fast vorzüglich. Taxe: 10.000 Euro.

Einige Sonderemissionen zeigen die Taten des Hercules. Dieses Medaillon, ein Bronzeabschlag aus einem Stempel, der Ende 267 / Anfang 268 für einen vierfachen Aureus angefertigt wurde, ist der Darstellung des Kampfs gegen den kretischen Stier gewidmet.

Denar, Köln, Anfang 268. Rv. HERCVLI ER-VMANTHIO Hercules, den erymanthischen Eber auf seiner Schulter; vor ihm versteckt sich Eurystheus in einem Pithos. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 582. Vorzüglich. Taxe: 8.000 Euro.

Eine interessante Serie, die gleich mehrere Arbeiten des Hercules abbildete, entstand Anfang 268 anlässlich des 4. Konsulates von Postumus als eine Art Vorausemission zu den Decennalien des Kaisers. Aus den Stempeln für die Aurei wurden nicht nur Goldmünzen, sondern auch silberne Denare geprägt. Einer zeigt Hercules, der gerade den erymantischen Eber gefangen hat und das Tier dem kläglich jammernden Eurystheus, der sich in einem Vorratsgefäß versteckt hat, hinwerfen will.

Denar, Köln, Anfang 268. Rv. HERCVLI PISAEO Hercules schwingt die Hacke, vor ihm Quellgefäß als Symbol des Alpheios. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 583. Fast vorzüglich. Taxe: 7.000 Euro.

Ein anderer präsentiert Hercules bei einer wenig heldenhaften Tätigkeit: er reinigt den völlig verdreckten Stall des Augias. Dazu leitet er den Alpheios um, der symbolisch als Quellgefäß erscheint. Hercules schwingt die Hacke, um dem Fluss ein neues Bett zu schaffen.

Antoninian, Köln, Anfang 268. Rv. HERCVLI INVICTO Hercules, zu seinen Füßen Amazonenkönigin Hippolyte. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 585. Vorzüglich. Taxe: 4.000 Euro.

Auch auf einfachen Antoninianen sind diese großartigen Bilder zu finden. So zum Beispiel auf diesem etwa gleichzeitig mit den Denaren geprägten Antoninian. Er zeigt die erschlagene Amazonenkönigin Hippolyte, der Heracles auf Verlangen des Eurystheus den Gürtel abgenommen hat.

Warum, kann man nun fragen, erscheint Hercules so oft auf Münzen des Postumus vor? Zwei Prägungen können uns auf die Spur zu einer Lösung der Frage führen.

Antoninian, Köln, 267. Rv. VIRTVTI AV-GVSTI Hercules n. r. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 567. Vorzüglich. Taxe: 400 Euro.

Da gibt es zunächst diesen Antoninian aus dem Jahr 267. Er kombiniert den Halbgott Hercules mit der Aufschrift VIRTVTI AVGVSTI. Virtus einfach mit Tugend zu übersetzen, wäre viel zu kurz gegriffen. In Virtus steckt das lateinische Vir (= Mann). Dieser Begriff ließ einen Römer eher an ein Zitat denken, das wir aus vielen Filmen kennen: „Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss.“ Virtus kreiste um die verantwortungsvolle Pflichterfüllung, die Ehrfurcht vor dem Überlieferten, die Bereitschaft, den Willen der Götter zu verwirklichen.

Hercules am Scheideweg. Girolamo di Benvenuto, 1. Hälfte 16. Jh. Quelle: Wikipedia.

Hercules war ein Symbol dafür. Bereits in der Antike kannten die Dichter Hercules am Scheideweg: Unschlüssig, welchen Lebensweg er einschlagen sollte, kam der junge Hercules an eine Wegkreuzung, wo ihn zwei Frauen erwarteten. Die eine, aufwändig herausgeputzt, versprach ihm ein leichtes Leben voller Freude. Hercules fragte sie nach ihrem Namen. Für Freunde Glückseligkeit, für Feinde das Laster, so antwortete sie ihm. Die andere Frau war einfach gekleidet und erklärte Hercules, dass die Götter vor den Lohn die Arbeit gesetzt hätten. Sie heiße die Tugendhaftigkeit, und ihr Weg sei schwer aber ehrenvoll. Natürlich entschied sich Hercules für das mühsame, ehrenvolle Leben. Und Postumus nahm mit seiner Darstellung des Hercules für sich in Anspruch, ebenfalls diesem Weg zu folgen.

Denar, Köln, Anfang 268. Büste des Postumus und Kopf des Hercules n. l. Rv. CASTOR Der Dioscur Castor n. r., sein Pferd am Zügel haltend. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 588. Gutes sehr schön. Taxe: 3.000 Euro.

Immer wieder taucht diese Identifikation auf Münzen auf. Hier sehen wir Postumus in Begleitung von Hercules auf der Vorderseite. Auf der Rückseite ist Castor dargestellt, den die Griechen als einen der beiden Dioskuren kannten. Castor war sterblich, Pollux unsterblich. Damit assoziierte Postumus, auch er sei wegen seiner Taten ein sterblicher Bruder eines Unsterblichen, nämlich des Hercules.

Antoninian, Köln, 1. Hälfte 268. Büste des Postumus in heroischer Nacktheit, Löwenfell und geschulterte Keule n. l. Rv. HERCVLI ROMANO AVG Bogen, Keule, Köcher. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 572. Vorzüglich. Taxe: 3.000 Euro.

Und so schlüpft Postumus auf Münzen durchaus in das Gewand des Hercules.

Sesterz, Köln, Herbst 260. Rv. HERCVLI DEVSONIENSI Büste des Hercules mit Gesichtszügen des Postumus. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 632. Fast sehr schön. Taxe: 600 Euro.

Oder Hercules wird mit den Zügen des Postumus dargestellt.

Prägung des Aureolus im Namen des Postumus in Mailand. Antoninian, 267/8. Rv. VIRTVS A-EQVIT Romulus n. r. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 613. Gutes sehr schön. Taxe: 500 Euro.

Tatsächlich musste Postumus nicht nur gegen eindringende Stämme kämpfen, sondern auch gegen Kaiser Gallien. 266 oder 267 belagerte Gallien eine Stadt, vielleicht Trier, und wurde dort während der Kämpfe verwundet. Er beauftragte seinen Feldherrn Aureolus, den Kampf fortzuführen, doch der schloss sich – wann ist nicht völlig geklärt, wahrscheinlich Ende 267 – Postumus an, so dass es für den eine Emission gibt, die in Mailand geprägt wurde. Gallien führte daraufhin ein Heer nach Mailand, wo sich Aureolus inzwischen selbst zum Kaiser hatte ausrufen lassen. Während der Belagerung wurde Gallien ermordet und der Kaisertitel ging auf Claudius Gothicus über, der seinerseits Aureolus besiegte.

Antoninian, Köln, spätes 268. Rv. C C A A COS IIII (= Colonia Claudia Augusta Agrippinensium) Moneta. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 598. Sehr schön. Taxe: 1.500 Euro.

Ungefähr gleichzeitig, spät im Jahr 268, entstand diese Münze, auf der zum ersten Mal die Stadt Köln als COL(onia) CL(audia) AGRIP(pinensium) namentlich erwähnt wird. Die Verwaltung des Gallischen Sonderreichs war seit etwa der Mitte des Jahres 268 gezwungen gewesen, den Silbergehalt des Metalls, aus dem die Antoniniane geprägt wurden, stark zu vermindern. Wahrscheinlich verlegte man ungefähr zur selben Zeit das Kölner Münzamt nach Trier, um es möglicherweise bereits kurz darauf wieder in Köln zu eröffnen, um den Unruhen in der Stadt nicht noch zusätzliche Nahrung zu geben. Wahrscheinlich steht diese Prägung damit in Zusammenhang.

Antonianian, Köln, Anfang 269. Rv. P M TR – P X COS V P P Kaiser. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 602. Vorzüglich. Taxe: 1.000 Euro.

Jedenfalls wurde Anfang des Jahres 269 nicht nur in Köln die letzte Münze geprägt, …

Antoninian, Trier, Anfang 269. Rv. PACATOR ORBIS Sol n. r. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 609. Vorzüglich. Taxe: 500 Euro.

… sondern in Trier die letzte Münze des Postumus überhaupt. Ihre Aufschrift Pacator Orbis, Friedensbringer für den Erdkreis, dürfte sich auf die Hoffnung beziehen, …

Laelianus. Antoninian, Köln. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 701. Vorzüglich. Taxe: 1.800 Euro.

… die Usurpation des Ulpius Cornelius Laelianus in Mainz schnell niederzuschlagen, was auch geschah.

Marius. Antoninian, Trier. Aus der kommenden Auktion Jacquier (16.9.16), 704. Fast vorzüglich. Taxe: 800 Euro.

Was dann passierte, ist in den Details mehr als unklar. Anscheinend weigerte sich Postumus, Mainz plündern zu lassen und wurde deshalb von seinen Soldaten getötet. Marius wurde zum neuen Kaiser, nur um im Frühjahr 269 – auch hier ist die Chronologie nicht bis ins Letzte geklärt – selbst ermordet zu werden.

Das Gallische Reich existierte noch ein paar Jahre. 274 gelang es Aurelianus, es unter seine Kontrolle zu bringen. Aurelian ließ den letzten gallischen Herrscher, Tetricus, nicht umbringen und verhängte über keinen der gallischen Gegenkaiser die damnatio memoriae, was als ein Zeichen der Anerkennung gewertet werden muss.

Alle Münzen stammen aus der Auktion Jacquier 42, die am 16. September 2016 durchgeführt wird. Im Internet einsehbar finden Sie den Auktionskatalog hier

Und den MünzenWoche-Vorbericht zu dieser Auktion lesen Sie hier.