Königin eines Weltreichs: Viktoria


mit freundlicher Genehmigung von Barbara Balz / World Money Fair

Eine Liebesheirat war im 19. Jahrhundert ungewöhnlich für eine Königin. Doch dieser junge deutsche Prinz Albert hatte das Herz Viktorias im Sturm erobert. In den ersten Regierungsjahren hatte sie sich auf ihren Mentor Lord Melbourne verlassen. Doch nach der Heirat mit Albert im Jahr 1840 wurde ihr Ehemann zu ihrem engsten Berater. Mit ihm gebot Viktoria als konstitutionelle Monarchin über mehr als ein Fünftel der Erde und ein Drittel der Weltbevölkerung; zwei Generationen dauerte diese Herrschaft, so dass die Epoche bis heute Viktorianisches Zeitalter heißt.

Viktoria (1837-1901). 1/2 Crown 1893, London. Aus Auktion Künker 131 (2007), 4189.

Das 19. Jahrhundert sah Großbritannien als mächtigstes Land der Erde, dessen Empire sich über alle Kontinente erstreckte. Seit 1877 erweiterte Viktoria ihre Titulatur sogar um den Titel „Kaiserin von Indien“ – IND(iae) IMP(eratrix), den ihr das britische Parlament zuerkannte, und der auch auf dieser Münze zu sehen ist. Selbstbewusst trat die Großmacht auf, stets bereit, die eigenen Interessen mit ihren Kanonenbooten durchzusetzen.
Durch die Industrialisierung wurde England zur „Werkstatt der Welt“. Ein ausgebautes Schienennetz verband Industriezentren und Häfen im ganzen Land. Die Schattenseiten beschrieb Charles Dickens: das Leben der armen Leute und ihrer in Fabriken ausgebeuteten Kinder. Vor diesem Hintergrund bildeten sich Gewerkschaften und die Labour-Party. Immer öfter mussten Frauen arbeiten, um den Familienunterhalt zu sichern. Und dafür forderten sie politische Rechte: Die englische Frauenbewegung wurde zu einer Speerspitze der Emanzipation, auch wenn Großbritannien das vollständige Wahlrecht für Frauen erst 1928 einführte.

Vieles davon schien an Viktoria geradezu vorbeizugehen. Ihr Mann Albert blieb für die Briten immer der ungeliebte Deutsche. Als er bereits 1860 starb, zog sich die trauernde Witwe zurück. Ihr Volk sah sie fast nur noch bei Einweihungen von Albert-Denkmälern. Bei aller Eigensinnigkeit war Viktoria letztlich eine moderne Monarchin: Nur zu Beginn setzte sie einen Premierminister gegen das Parlament durch; so etwas sollte sich nie mehr wiederholen. Die Minister lenkten das Reich und wiesen Viktoria vor allem eine repräsentative Rolle zu. Erst in späteren Jahren gewann sie durch ihre verstärkten Auftritte wieder an Popularität.

Prinz Albert, Königin Viktoria und ihre neun Kinder. Von links nach rechts: Alice, Artur (später Herzog von Connaught), der Prinzgemahl (Albert), der Prinz von Wales (später Eduard VII.), Leopold (später Herzog von Albany, vor dem Prinzen von Wales), Louise, Königin Viktoria mit Beatrice, Alfred (später Herzog von Edinburgh), die Prinzessin (Viktoria) und Helena, 26.5.1857. Foto: Caldesi und Montecchi / Wikipedia.

Aus ihren zahlreichen Nachkommen erwuchsen der Königin enorme Kosten, die das Parlament nicht bereit war zu tragen. Doch unbeirrt bemühte sich Viktoria, ein Netz von Heiratsverbindungen über Europa zu spannen, um so den Frieden zu garantieren. Dass der Imperialismus ihrer Zeit die ganze Welt in einen Krieg stürzen würde, wusste sie nicht, als sie 1901 in den Armen eines Enkels starb, des deutschen Kaisers Wilhelm II.

Dieser Artikel entstand für den Katalog der World Money Fair 2012 mit dem Ehrengast Großbritannien. Mehr zur World Money Fair 2012 lesen Sie hier.