Sizilianisches Mosaik Teil 10: Rettung durch die Mutterstadt Korinth

354 wurde Dion ermordet, den viele für die Verkörperung des plantonischen Ideals eines Philosophen auf dem Thron gehalten hatten. Seine Anhänger schickten um Unterstützung nach Korinth, woher vor vielen Jahren die Gründer der Stadt Syrakus gekommen waren. Die Korinther waren tatsächlich bereit zu helfen. Sie schickten eine kleine Armee unter Timoleon.

Timoleon aus einem Werk des Guillaume Rouille von 1553. Quelle: Wikipedia.

Timoleon, 344-337/6

Dieser Timoleon war bis dahin ein unbeschriebenes Blatt, nicht mehr jung, bisher ohne große Leistungen, mit einem dunklen Fleck in seiner Vergangenheit: Er hatte seinen Bruder ermordet. Und doch gelang es ihm innerhalb von nur sechs Jahren, unterstützt von seinem kleinen Heer, Sizilien zu unterwerfen.
Der erste, der aufgab, war der bisherige Tyrann Dionysios II. Ihm wurde erlaubt, sich als Privatmann nach Korinth zurückzuziehen. Danach schlug Timoleon die Karthager vernichtend und handelte mit ihnen einen dauerhaften Frieden aus. 

Mit der Eroberung des Timoleon lässt sich die Adaption der korinthischen Münztypen für Syrakus erklären. – Syrakus. Didrachme, 344-317. Aus Auktion Gorny & Mosch 237 (2016), 1170.

Im Gegensatz zu den bisherigen Tyrannen versuchte Timoleon, ein dauerhaftes politisches und wirtschaftliches Gefüge auf Sizilien zu schaffen, das auch ohne ihn funktionieren konnte. Zu diesem Zweck entmachtete er viele kleine Tyrannen; er befahl, einige Festungsanlagen zu schleifen, damit sie keinem Tyrannen mehr Schutz bieten konnten, und er ließ die alte demokratische Verfassung von Syrakus neu überarbeiten. Um die wirtschaftliche Stärke von Sizilien wiederzubeleben, holte er Einwanderer aus Italien auf die Insel und stellte ihnen Land zur Verfügung. Die daraus resultierende wirtschaftliche Blüte war der Lohn für diese Bemühungen.
Doch als im Jahre 337/6 der inzwischen alte und völlig erblindete Timoleon abdankte, setzten sofort die alten Machtkämpfe mit neuer Intensität wieder ein.

Agathokles küsst die Witwe seines Gönners Damas, die zu seiner ersten Frau werden soll. Quelle: Wikipedia.

Agathokles, 317-289

20 Jahre dauerten die Unruhen. Agathokles, der Sohn eines Töpfers, wurde zu ihrem Nutznießer. Er baute als eine Art Condottiere, als Söldnerführer, seinen Ruf als Verteidiger der einfachen Leute gegen die Oberschicht aus. Dieser Ruf brachte ihn 317 durch einen Putsch an die Macht. Dabei verloren nach Diodor über 4000 Menschen ihr Leben, „denen man nur zum Vorwurf machte, dass sie von besserer Abstammung waren als die anderen“.

Bei der einfachen Bevölkerung war Agathokles beliebt. Auf sie konnte er sich stützen, um die syrakusanische Vorherrschaft erneut durchzusetzen. Über 10 Jahre führte er Krieg erst gegen die griechischen Städte, dann gegen Karthago, was ihn mit seinem Expeditionsheer bis nach Afrika führte.
Doch Syrakus konnte auf Dauer dem mächtigen karthagischen Reich keinen Widerstand entgegensetzen, so dass Agathokles um Frieden bitten musste. Der wurde ihm gerne gewährt. Im Jahre 305 schloss er einen Vertrag mit Karthago, danach fiel ihm der nicht von Karthago beherrschte Rest von Sizilien kampflos zu. 

Syrakus. Agathokles. Bronze, ca. 305-295. Aus Auktion Gorny & Mosch 208 (2012), 1164.

Inzwischen war in Griechenland eine neue Zeit angebrochen. Die Epoche der mächtigen Stadtstaaten war endgültig vorbei. Alexander der Große hatte die halbe Welt erobert und nach seinem Tode hatten bedeutende Herrscherpersönlichkeiten das Reich unter sich aufgeteilt. Sie hatten erbliche Monarchien eingerichtet und bezogen ihr Recht auf Herrschaft aus ihrer eigenen Machtposition heraus. Der Titel „Basileus“ und das Königsdiadem waren zum Kennzeichen dieser Stellung geworden, die den hellenistischen Alleinherrscher vom griechischen Tyrannen absetzte.
Agathokles fügte sich ein in diese neue Welt. Er nahm den Titel Basileus an und suchte verwandtschaftliche Verhältnisse mit den anderen hellenistischen Fürsten: Er gab seine Tochter dem König Pyrrhos zur Frau, er selbst heiratete als 3. Gemahlin eine Tochter des Ptolemaios I. von Ägypten.
Im Jahre 289 wurde Agathokles ermordet. Anlass dafür waren wohl Palastintrigen über die Thronfolge. Sein Tod schuf ein Machtvakuum, das zuerst von Pyrrhos, dem hellenistischen Herrscher über Epirus, der versuchte, sich in Italien und Sizilien ein Großreich zu schaffen, später dann von den Römern ausgefüllt wurde.

In den nächsten Folgen zeigen wir ihnen die Münzen, die im klassischen Sizilien geprägt wurden, und erzählen Ihnen etwas über deren Darstellungen. Zunächst beschäftigen wir uns mit Syrakus.

Der Artikel erschien ursprünglich in der MünzenRevue 4/1997.

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